Rheinische Post Langenfeld

Waltz als dominanter Ehemann

- VON RENÉE WIEDER

Tim Burton erzählt das Leben der unterdrück­ten Malerin Margaret Keane.

Der Moment entscheide­t über ihre Zukunft, und sie weiß es. Margaret Keane steht in einer überfüllte­n Kellerknei­pe in San Francisco, eins ihrer geliebten Bilder im Arm. Auch die Gemälde an den Wänden sind alle von ihr, weinende Kinder mit übergroßen traurigen Augen. Ein Interessen­t fragt, ob ihr Mann Walter der Künstler sei. Der bejaht. Margaret taumelt – und schweigt. Sie hat ihre Gründe, gute sind es nicht.

Die Bilder Margaret Keanes, gespielt von Golden Globe-Gewinnerin Amy Adams, wurden unter dem Namen ihres Mannes weltberühm­t: 15 Jahre lang gab Walter Keane (Christoph Waltz) die Werke seiner Frau als seine aus. Tim Burton erklärt, schon als Junge von den traurigen Keane-Kindern fasziniert gewesen zu sein. Sein Künstlerin­nenBiopic „Big Eyes“ist nun voll Verehrung für Keane. Aber dramaturgi­sch und optisch auch so konservati­v, dass vom gewohnten, genialisch bizarren Stil des Regisseurs von „Ed Wood“und „Mars Attacks!“so gut wie nichts übrig bleibt.

Bieder und brav chronologi­sch geht der Film Keanes Lebensstat­ionen durch. Die Scheidung der Hausfrau und Mutter von ihrem ers- ten Mann, erfolglose Versuche als Straßenmal­erin. 1955 die zweite Heirat mit dem Makler Walter, der ihre Werke geschickt vermarktet. Dazu gehörten auch seine Initialen am Bildrand, denn von einer Frau wolle niemand etwas kaufen, erklärt Walter der verletzten, aber folgsamen Margaret. So bringen es die Keanes zu Ruhm und Reichtum, während Kritiker ihr Werk immer schärfer als Kommerzkit­sch geißeln. Und Margaret landet in einem vollgestop­ften kleinen Atelier, umzingelt von den eigenen weinenden Augen, unfähig, etwas anderes für sich sprechen zu lassen als Pinsel.

Bis 1970 braucht Margaret, um Walter zu verklagen, die Beziehung endet schmutzig in einem spekta- kulären Schauproze­ss. Amy Adams trägt den Film allein auf ihren Schultern. Ins still leidende Gesicht ihrer Figur lässt sie vieles hineinflie­ßen, das Keanes Generation prägte. Margaret kann den Zwängen ihrer Zeit nur sehr bedingt entfliehen. In Walter sucht sie einen Beschützer, und ihre späte Emanzipati­on bezahlt sie mit einem halb verschwend­eten Leben. Adams begibt sich mit Leidenscha­ft in ihre Rolle. Doch neben Christoph Waltz, der sich ungewohnt fahrig um Kopf und Kragen spielt, funken ihre Signale ins Nichts. Waltz chargiert als Harlekin, der durch Burtons bunte Nostalgies­ettings poltert, als wäre er im falschen Film. So kommt es, dass Amy Adams ihre Kunst entwickeln muss in einem Rahmen, der ihr nicht gerecht wird. Margaret Keane, die noch heute mit 87 Jahren in Kalifornie­n Kindergesi­chter malt, kann davon ein Lied singen.

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FOTO: DPA Christoph Waltz als Walter Keane in „Big Eyes“
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