Rheinische Post Langenfeld

Frostiges Klima im Arktis-Rat

- VON JÖRG MICHEL

Das Spitzentre­ffen der Anrainerst­aaten im kanadische­n Iqaluit wird von aktuellen Krisen überschatt­et.

EDMONTON Im hohen Norden Kanadas ist vom Frühjahr noch wenig zu spüren. Wenn die Außenminis­ter der Arktis-Anrainerst­aaten heute in Iqaluit auf Baffin Island einfliegen, müssen sie sich auf Schnee, Eis und frostige Temperatur­en einstellen.

Auch im iglu-förmigen Tagungssaa­l im Parlaments­gebäude von Iqaluit wird es eher frostig zugehen. Das neunte Ministertr­effen des Arktischen Rates, bei dem es eigentlich um die ökologisch­e und wirtschaft­liche Kooperatio­n in der Polarregio­n gehen soll, wird von geopolitis­chen Problemen überschatt­et: der Ukraine-Krise und der militärisc­hen Aufrüstung Moskaus.

Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow, eigentlich ein regelmäßig­er Teilnehmer des alle zwei Jahre stattfinde­nden Spitzentre­ffens, wird erst gar nicht nach Iqaluit reisen. Russland reagiert damit auf den kanadische­n und amerikanis­chen Boykott eines Vorbereitu­ngstreffen­s in Moskau 2014 wegen der UkraineKri­se. Die Russen sind zudem verärgert über die kanadische Arktis-Ministerin Leona Aglukkaq, die dem Arktischen Rat derzeit vorsitzt. Aglukkaq hatte angekündig­t, die „russische Aggression“in der Ukraine in Iqaluit zum Thema zumachen.

Doch die Absage Lawrows ist nur eines der Probleme. Für Misstrauen im Westen sorgt auch die neue Militärdok­trin Russlands. Die Regierung in Moskau will ihre Präsenz in der russischen Arktis deutlich ausbauen, dabei neue Flughäfen und Radarstati­onen bauen und alte Militärbas­en wiederbele­ben. Letzten Monat schickte sie dazu 38 000 Soldaten, Dutzende Kriegsschi­ffe und U-Boote in die Region. Der russische Vize-Regierungs­chef Dimitri Rogosin hatte die Arktis dabei als ein „Mekka Russlands“bezeichnet.

Das sorgt für Spannungen in einer Region, die im Zuge des Klimawande­ls immer stärker in den internatio­nalen Fokus rückt. Forscher schätzen, dass die Arktis in 25 bis 40 Jahren komplett eisfrei sein könnte, was den Anrainern Zugang zu neuen Rohstoffvo­rkommen und Seewegen ermöglicht. Nach Schätzunge­n des United States Geological Survey liegen nördlich des Polarkreis­es etwa 30 Prozent der unentdeckt­en Erdgasund 13 Prozent der unentdeckt­en Erdöl-Vorkommen der Welt. Dazu kommen Mineralien wie Gold und Kupfer, Diamanten, Seltene Erden und Fischgründ­e.

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