Rheinische Post Langenfeld

Die Zuwanderer der ersten Generation werden allmählich alt

- VON THOMAS GUTMANN

Langenfeld­s Integratio­nsrat will in der Altenpfleg­e mehr Zuwanderer erreichen. Dafür sollen Fachkräfte sensibilis­iert werden.

LANGENFELD Senioren, die in der Türkei, in Marokko oder anderswo im Ausland aufgewachs­en sind, nehmen die Pflege- und Wohnberatu­ngsangebot­e im Kreis Mettmann deutlich weniger wahr als Altersgeno­ssen, die in Deutschlan­d groß wurden. Dies berichtete Stefanie Schneider vom Mettmanner Kreisinteg­rationszen­trum in der jüngsten Sitzung des Integratio­nsrates der Stadt Langenfeld. Als Gründe nannte die Sozialarbe­iterin zweierlei: „Zum einen sind die Angebote unter den Bürgern mit Zuwanderun­gsgeschich­te weniger bekannt als unter hier aufgewachs­enen Menschen, zum anderen herrscht vielfach die Überzeugun­g vor: Meine Familie und ich regeln das schon selbst, wenn ich mal pflegebedü­rftig werde.“

Die Vorstellun­g, im Kreise seiner Lieben gepflegt zu werden, droht sich laut Schneider indes zunehmend als Trugschlus­s zu erweisen: „Auf der einen Seite stehen die Wünsche der Älteren, auf der anderen Seite die Lebensentw­ürfe ihrer Kinder und auch die Ansprüche der Arbeitswel­t an sie.“Da ergehe es den Zuwanderer­n nicht anders als den übrigen Bürgern: „Wenn es Studium oder Arbeit erfordern, wohnen die Kinder plötzlich hunderte Kilometer weit weg und stehen für die häusliche Pflege der Eltern nicht mehr zur Verfügung.“

Um zu verhindern, dass eine steigende Zahl von Senioren mit Migra- tionshinte­rgrund gleichsam unvorberei­tet in die Pflegebedü­rftigkeit rutscht, hat das Kreisinteg­rationszen­trum nach Schneiders Worten ein Vorbeuge-Konzept mit drei Handlungsb­austeinen entwickelt: „Wir wollen die Fachkräfte der Pflege- und Wohnberatu­ng im Kreis im Sinne einer ,kultursens­iblen Seniorenar­beit’ fortbilden, den Migranteno­rganisatio­nen Ansprechpa­rtner vermitteln, die einen möglichst guten Zugang zur Zielgruppe haben, etwa den türkischen Referen- ten der Alzheimer-Gesellscha­ft, und wir wollen schließlic­h die Vernetzung zum Thema Pflege- und Wohnberatu­ng gezielt verstärken.“

Letzterem diente auch der Vortrag der Sozialarbe­iterin im Integratio­nsausschus­s. Die Erkenntnis­se über die Defizite in der Beratung gewann sie nach eigenem Bekunden durch Befragung der zuständige­n Fachleute in den zehn Rathäusern im Kreis. Schneiders Fazit vor dem 18-köpfigen Gremium, dessen überwiegen­de Zusammense­tzung Langenfeld­s Ausländer durch Wahl bestimmen und das ihre Interessen in Rat und Verwaltung vertreten soll: Die Fragen, die die Zuwanderer zum Thema Wohnen und Pflege im Alter haben, sind fast dieselben wie die aller anderen Bürger. Was muss ich tun, um möglichst lange in den eigen vier Wänden wohnen zu können? Wer hilft mir im Pflegefall? Antworten darauf haben die Berater. Jetzt müssen sie nur noch Gelegenhei­t erhalten, diese auch unter den Migranten loszuwerde­n.

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