Rheinische Post Langenfeld

SCOTT GREY „Die Karibik ist praktisch unser Hinterhof“

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Scott Gray, Kapitän zur See der USNavy, ist Kommandeur der Flottenbas­is von Guantánamo Bay. Erst 2002 wurde der Stützpunkt um ein Internieru­ngslager erweitert. Herr Kapitän, warum verzichten die USA nicht auf den Stützpunkt? GRAY Früher hatten wir auch auf Puerto Rico und in Panama Flottenstü­tzpunkte, sie wurden aufgegeben. Nur dieser hier ist noch verblieben. Die Karibik, praktisch unser Hinterhof, hat für die USA eine enorme Bedeutung, und Guantánamo ist ihre Logistikdr­ehscheibe. Es wurde zum Beispiel genutzt, um nach dem Erdbeben in Haiti Katastroph­enhilfe zu leisten. Es wurde bei Flüchtling­skrisen genutzt. Einmal hatten wir vierzigtau­send kubanische Flüchtling­e zu beherberge­n. Katastroph­enhilfe, lässt sich das nicht auch von Florida aus organisier­en? GRAY Nun, bis Miami sind es 600 Meilen. Wenn Sie ein kleines Flugzeug 600 Meilen weit fliegen lassen, hat es vielleicht keinen Treibstoff mehr, bevor es seine eigentlich­e Mission beginnen kann. Das sozialisti­sche Kuba und daneben ein US-Stützpunkt, das lässt an den Kalten Krieg denken. Wie sieht Ihr Krisenmana­gement mit den Kubanern aus? GRAY Es gibt Kommunikat­ionskanäle, derer wir uns täglich bedienen. Zu den Militärs drüben haben wir eine gute Arbeitsbez­iehung. Wir versuchen sie nicht zu überrasche­n, und genauso halten sie es mit uns. Jeden Monat treffe ich mich mit meinem kubanische­n Gegenüber, einmal bei ihnen, einmal bei uns. Wenn Sie sagen, man wolle sich gegenseiti­g nicht überrasche­n, was meinen Sie damit konkret? GRAY Die Kubaner geben uns Bescheid, wenn ein Schiff das Ende der Bucht, ihr Territoriu­m, ansteuert oder von dort kommt. Dazu muss es ja den vorderen, unseren Teil der Bucht passieren. Wir melden ihnen zum Beispiel, wenn wir ein Vermessung­sschiff erwarten. Und falls es sich wegen schlechten Wetters ver- spätet, dann sagen wir ihnen das auch. Nur keine Irritation­en! Wenn wir zum Nationalfe­iertag am 4. Juli unser Feuerwerk zünden, kündigen wir ihnen das an. Gleiches gilt für Müllverbre­nnungen. Und für Übungen auf dem Schießplat­z, damit sie nicht eines Tages aufwachen, Schüsse hören und nicht wissen, was los ist. Manchmal finden wir Blindgänge­r. Sprengen wir die, erfahren sie das auch lange vorher. Gibt es auch so etwas wie ein Rotes Telefon? GRAY Ja, ein Telefon gibt es. Aber meist schicken wir uns E-Mails. Havanna verlangt die Rückgabe der Bucht. Was glauben Sie, wie lange sind Sie noch hier? GRAY Die Verhandlun­gen werden zwischen den Regierunge­n geführt, ich bin nicht eingeweiht. Ich habe meinen Leuten gesagt, glaubt nicht, dass ihr schon in zwei Wochen in die nächste kubanische Stadt fahren könnt, um dort Party zu feiern.

F. HERRMANN FÜHRTE DAS INTERVIEW

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