Rheinische Post Langenfeld

Kanzleramt wusste früh von möglicher US-Spionage

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BERLIN (RP) Die Spionage-Affäre um den Bundesnach­richtendie­nst (BND) und den US-Geheimdien­st NSA belastet zunehmend auch das Bundeskanz­leramt. Der deutsche Auslandsge­heimdienst informiert­e schon 2008 die zuständige Aufsichtsb­ehörde über mögliche Versuche von Wirtschaft­sspionage durch den eigentlich befreundet­en Dienst NSA. Ein Regierungs­sprecher bestätigte gestern einen entspreche­nden Bericht, stellte dies aber als bekannte Informatio­n dar: „Die in der ,Bild am Sonntag’ aufgeführt­en Unterlagen hat das Bundeskanz­leramt bereits 2014 dem Untersuchu­ngsausschu­ss zur Verfügung gestellt.“

Bisher hatte es geheißen, das Kanzleramt sei erst kürzlich informiert worden. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte gestern eine umfassende Aufklärung: „Offensicht­lich ist es so, dass der BND da sein Eigenleben führt, und das muss man beenden.“

Der BND und sein Präsident Gerhard Schindler stehen unter Verdacht, für die NSA die Kommunikat­ion europäisch­er Unternehme­n und Politiker über Jahre ausgehorch­t zu haben. Konkret geht es um das Filtern von Informatio­nen. BND und NSA hatten nach dem 11. September 2001 vereinbart, dass die Amerikaner nach bestimmten Suchmerkma­len („Selektoren“) Zugriff auf diese Daten bekommen – zur Terrorbekä­mpfung und unter Einhaltung deutscher Interessen. Die Amerikaner nutzten die Daten nicht nur für den Kampf gegen den Terror, sondern möglicherw­eise auch zur Wirtschaft­sspionage und für andere Zwecke. Leitartike­l

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