Gabriels Macht endet bei der Kohle
Spätestens in diesem Frühjahr stellt sich für Sigmar Gabriel heraus, dass seine Entscheidung, das Amt des Wirtschafts- und Energieministers zu übernehmen, keine besonders gute gewesen ist. Gabriel tat nur, was ein Energieminister tun muss, der sich auch dem Klimaschutz verpflichtet sieht: Seine Klima-Abgabe für ältere und besonders umweltschädliche Kohle-Kraftwerke sollte dafür sorgen, dass endlich auch die Braunkohle, die bisher am wenigsten zum Klimaschutz beiträgt, zugleich aber am meisten Kohlendioxid produziert, zum Schutz der Natur herangezogen wird.
Doch der SPD-Vorsitzende sieht sich deshalb einer Protestfront gegenüber, die von der Union – die sich genüsslich die Hände reibt – über die Gewerkschaften bis in die eigene Partei reicht. Gabriel ist unter Druck wie wohl noch nie in dieser Legislaturperiode. Dabei nützt es ihm nicht, die besseren Argumente zu haben. Diesen Machtkampf könnte Gabriel verlieren, denn die Kanzlerin macht keine Anstalten, ihn zu unterstützen. Am Ende dürfte sich das Klima-Manöver für Gabriel nicht auszahlen. Spätestens wenn er die Forderung nach einem Kohle-Obolus vom Tisch nehmen muss, wird sich einmal mehr zeigen, wie begrenzt Einfluss und Macht des SPD-Chefs selbst in der eigenen Partei sind. BERICHT DRUCK AUF GABRIEL IM . . ., TITELSEITE
Bank auf Schlinger-Kurs
Mit dem Privatkundengeschäft hat die Deutsche Bank kein Glück. In den 90er Jahren lagerte sie Private als Kunden zweiter Klasse in die Bank 24 aus, um sie später reumütig zurückzuholen. 2008 stieg sie bei der Postbank ein, um sie nun wieder zu verkaufen. Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln – das macht Berater reich, kostet die Bank aber Kunden, Geld und Ansehen. Wenn es allein nach Bank-Chef Anshu Jain gegangen wäre, wäre der Schnitt wohl noch schärfer ausgefallen – und der Branchenprimus hätte sich komplett aus dem Privatkundengeschäft verabschiedet. Doch hier waren Co-Chef Jürgen Fitschen und die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat davor. Zum Glück. Die Börse, kurzsichtig wie sie ist, liebt zwar reinrassige Banken. Die Lehre aus 2008 ist aber eine andere: Die Finanzkrise haben just jene Banken gut überstanden, die stark im langweiligen Spar- und Kredit-Geschäft waren. Auch der Skandal um Zins-Manipulationen dürfte dem Aufsichtsrat gezeigt haben, dass er das Geschäft bei der Deutschen Bank nicht allein den Finanzjongleuren aus „Anshus Army“überlassen darf. BERICHT ALTLASTEN VERDERBEN . . ., TITELSEITE
Europa, wache auf
Haben wir einen „Abgrund von Landesverrat“im Land? Wohl nicht. Was wir haben, ist eine leicht erregbare Opposition im Bundestag. Es sind Wonnen der Empörung, in denen sie schäumend badet, sobald die Stichwörter NSA, BND, Kanzleramt fallen.
Wir haben es wohl mit einem Exzess in Hilfsbereitschaft unseres nie überschätzten Auslands-Spähdienstes gegenüber der großen US-Geheimdienstschwester zu tun, die man nie unterschätzen darf im Willen, das Wort Recht notfalls ganz klein zu schreiben. Der Drang der NSA, mit Hilfe des BND nicht nur Terroristen aufzuspüren, sondern auch Wirtschaftsspionage in Europa zu betreiben, war dem Kanzleramt seit 2008 bekannt. Das klang vor kurzem anders. So haben wir Deutsche uns Kanzler Schröders gewagtes Bekenntnis zur „uneingeschränkten Solidarität“mit den USA nach dem „11. September“nicht vorgestellt. Europa muss endlich laufen lernen, seine Streitkräfte und Dienste stärken. Dann erst wird es der im Prinzip befreundeten Weltmacht selbstbewusst und nicht allzu gutgläubig assistieren können. BERICHT KANZLERAMT WUSSTE FRÜH . . ., TITELSEITE