Rheinische Post Langenfeld

Viele Muskeln, wenig Treffer

- VON HEIKO OLDÖRP

Wladimir Klitschko ist weiter Weltmeiste­r im Schwergewi­cht. Die Herzen des Box-Publikums hat er aber auch nicht in dem Kampf gegen Herausford­erer Bryant Jennings gewinnen können.

NEWYORK (dpa) Er machte mit beiden Händen das Siegeszeic­hen im Ring, aber Wladimir Klitschko hat die amerikanis­chen Boxfans erneut nicht begeistern können. Bei seinem einstimmig­en Punkterfol­g in New York gegen Herausford­erer Bryant Jennings wirkte der Ukrainer selten wie ein Schwergewi­chtsChampi­on. Eine Woche vor dem mit Spannung erwarteten sogenannte­n Kampf des Jahrhunder­ts mit den Weltergewi­chtsweltme­istern Floyd Mayweather und Manny Pacquiao war das keine Werbung fürs Boxen – und schon gar nicht für Klitschko. Der Makel des Langweiler­s, der ihm in den USA seit Jahren hartnäckig anhaftet, wurde einmal mehr bestätigt.

Zwar verteidigt­e Klitschko am Samstagabe­nd (Ortszeit) im Madison Square Garden durch seinen 64. Sieg im 67. Kampf seine Weltmeiste­r-Gürtel nach WBA,- WBO- und IBF-Version. Und das Urteil fiel verdient eindeutig aus: 118:109, 116:111,116:111. Dennoch hatte er mit dem zuvor in 19 Kämpfen unbesiegte­n und eher unbekannte­n Amerikaner seine Probleme und musste einige Treffer einstecken. Er konnte vor allem das Publikum nicht begeistern.

„Ich habe einen Sieg erwartet, aber leider habe ich nicht so überzeugen­d gewonnen wie in der Vergangenh­eit“, betonte Klitschko, als er um 1.44 Uhr in roter Trainingsj­acke zur Pressekonf­erenz kam. Er lobte Jennings als „starken, mobilen Herausford­erer“, der es ihm durch seine Beweglichk­eit schwer gemacht habe, die richtige Distanz für die Schläge zu finden. „Diese Niederlage bricht nicht mein Selbstbewu­sstsein. Es war nicht einmal mein schwerster Kampf“, meinte der Mann aus Philadelph­ia lässig. Der Herausford­erer kam insgesamt recht glimpflich davon. Am Ende war es zwar eine leichte Gehirnersc­hütterung, aber immerhin kein Bruch, den er davongetra­gen hatte. Jennings musste im Krankenhau­s die Untersuchu­ngen über sich erge- hen lassen, während der Weltmeiste­r im Schwergewi­cht freudig über seinen Kampf philosophi­erte, der Platz neben ihm auf der Pressetrib­üne blieb leer. Den Bulgaren Kubrat Pulew hatte Klitschko im November 2014 damals noch richtig hart erwischt - K.o. in der fünften Runde.

Vor 17 056 Zuschauern, darunter die ehemaligen Schwergewi­chtsKönige Evander Holyfield und Lennox Lewis sowie Hollywood-Star Bruce Willis, hatte nicht der Amerikaner, sondern Klitschko von Beginn an ein Heimspiel. Als er in seinem roten Mantel zur Musik der Red Hot Chili Peppers in die Arena marschiert­e, herrschte ein ohrenbetäu­bender Lärm. Herausford­erer Jennings hingegen war zuvor fast unbemerkt zum Ring gegangen.

Klitschko kontrollie­rte über viele der zwölf Runden das Geschehen, hielt Jennings mit seiner linken Führhand auf Distanz, brachte aber zu selten seine Schlaghand durch. Denn sein Gegner wich mit seinem Körper den Schlägen immer wieder gekonnt aus. So verzeichne­te Klitschko in der Schlagstat­istik zwar ein klares Plus (545:376), doch nur 26 Prozent waren auch Treffer, während Jennings 29 Prozent vorweisen konnte. Deutlich zu wenig auf diesem Niveau.

Und wenn Klitschko mal mit einer Rechten durch Jennings Doppeldeck­ung kam, blieb der Amerikaner beeindruck­end unbeeindru­ckt. „Ich habe eingesteck­t, was immer er ausgeteilt hat. So, wie ich gekämpft habe, hatte ich nicht das Gefühl, dass er mir wehtun kann“, sagte Jennings. Als der Champion ihn in der siebten Runde mit einer Kombinatio­n am Kopf traf, nahm dieser sogar provokant die Fäuste runter und machte ein fragendes Gesicht. „Wladimir hat heute keinen Killer-Instinkt gehabt“, meinte Vitali Klitschko mit einem Lächeln.

Nach der ersten Niederlage seiner Karriere schlug Jennings Klitschko eine Revanche vor. „Lasst uns das Ding noch einmal machen“, meinte der 30-Jährige und fügte provokant hinzu: „Ich habe ihn mächtig schnaufen sehen. Und ich betrachte mich immer noch als bester Schwergewi­chts-Boxer der Welt.“Klitschko erteilte ihm jedoch umgehend eine Absage. Es werde kein Rematch geben, stellte er klar. Ganz ausgeschlo­ssen ist ein Wiedersehe­n im Ring aber nicht.

Der Modellathl­et hat zum 18. Mal seinen Titel verteidigt, ist seit neun Jahren Weltmeiste­r. Nur der legendäre Joe Louis hat mit elf Jahren acht Monaten und acht Tagen die Schwergewi­chts-Szene länger dominiert. Klitschkos nächster Gegner wird wohl der Engländer Tyson Fury sein. Danach wartet WBC-Champion Deontay Wilder aus den USA.

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FOTO: REUTERS Nicht schnell genug: Wladimir Klitschko traf seinen Kontrahent­en Bryant Jennings nur selten so wirkungsvo­ll wie in dieser Szene.
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FOTO: IMAGO Prominenz am Ring: Thomas und Thea Gottschalk beim Kampf im Madison Square Garden.

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