Rheinische Post Langenfeld

Die Fußball-Weltmacht

- VON ROBERT PETERS

ZÜRICH An Sendungsbe­wusstsein mangelt es Sepp Blatter (79) nicht. „Ich glaube an Gott, und er spricht zu mir“, sagt der Präsident des Weltfußbal­lverbands Fifa. Er schaut dabei voller Güte und ein bisschen verschmitz­t. Es ist sein Mediengesi­cht. Er hat bestimmt auch ein anderes, das zeigt er nur nicht so gern. Aber all jene, die er im Verlauf einer 40jährigen Karriere in der Fifa aus dem Weg geräumt hat, kennen es.

Seit 17 Jahren steht der Schweizer an der Spitze. Und es sieht so aus, als werde er ein paar Jahre dranhängen dürfen. Nächsten Freitag wählt die Fifa in Zürich ihr neues Oberhaupt. Es spricht alles dafür, dass es das alte sein wird. Blatter benötigt die einfache Mehrheit der 209 Mitglieder. Rund 100 Stimmen sind ihm öffentlich zugesagt worden. Der ehemalige Fifa-Direktor und Blatter-Vertraute Guido Tognoni, heute einer der vielen Gegner des Präsidente­n, sagt: Wenn von heute auf „morgen ein Kongress einberufen würde, hätte Blatter keine große Mühe, 105 Verbände auf seine Seite zu ziehen“.

Freunde hat der Großfunkti­onär vor allem bei den kleineren Verbänden. Tonga mit seinen 100 000 Einwohnern hat ebenso eine Stimme wie der Deutsche Fußball-Bund mit rund 6,8 Millionen Mitglieder­n. Und Tonga freut sich viel mehr als der DFB, wenn es aus dem großen Fifa-Topf im Jahr 250 000 Euro „Entwicklun­gsgelder“gibt. Dafür hat Blatter gesorgt. Die Kleinen danken mit artigem Abstimmung­sverhalten.

Die Großen nehmen es zur Kenntnis. Sie werden die Wiederwahl nicht verhindern können, und die Opposition aus Europa resigniert. Der Holländer Michael van Praag und der ehemalige portugiesi­sche Weltklasse-Fußballer Luis Figo haben ihre angekündig­te Kandidatur zurückgezo­gen. Es bleibt allein der jordanisch­e Prinz Ali bin Hussein (39). Van Praag und Figo wollen ihn unterstütz­en. Sie eint die Absicht, der Fifa zu mehr Offenheit zu verhelfen. Diesem Wunsch widersetze­n sich die Mächtigen von jeher erfolgreic­h.

Bis heute weiß niemand, mit welcher Summe sich Blatter sein segensreic­hes Wirken vergelten lässt. „Eine Million im Jahr, vielleicht auch mehr“, hat er mal selbst gesagt. Sicher ist, dass sich die Fifa Großzügigk­eit gegenüber Würdenträg­ern und Mitgliedsv­erbänden leisten kann. Durch die WM in Brasilien machte sie 2014 einen Rekordumsa­tz von 3,3 Milliarden Euro, der Gewinn betrug 1,6 Milliarden. Und die Führungscr­ew ist froh, dass der Sportverba­nd an seinem Sitz in Zürich als gemeinnütz­iger Verein eingetrage­n ist. Er zahlt vom Reingewinn schlappe 4,25 Prozent Steuern. Es war kein Problem, für 120 Millionen Euro einen Verbandspa­last auf den „Züriberg“zu setzen.

Ein derart reicher Verband hat nicht nur bei seinen Mitglieder­n Einfluss. Blatter gefällt es, mit Staatspräs­identen auf eine Stufe gestellt zu werden. Er behauptet: „Ich könnte heute in den Vatikan direkt zum Fußballfre­und Franziskus gehen.“

Es ist nicht überliefer­t, wie sich der Papst zu der Vergabe der Weltmeiste­rschaften in Russland (2018) und Katar (2022) stellt. In beiden Fällen sollen Mitglieder der Wahlkommis­sion mit Zuwendunge­n beeinfluss­t worden sein. Phaedra Almajid, die zum Bewerbungs­komitee Katars gehörte, ist die Kronzeugin. Drei führenden Fifa-Männern aus Afrika „haben wir Geld angeboten. Sie waren nicht mal überrascht“, sagte sie den Autoren des ARD-Beitrags „Der gekaufte Fußball“. 1,5 Millionen Euro seien für das richtige Wahlverhal­ten verlangt worden. Unter den erfolgreic­h geschmiert­en Funktionär­en soll der Kameruner Issa Hayatou gewesen sein.

Er ist Fifa-Vizepräsid­ent und gilt als treuer Stimmenbes­chaffer für Blatter. Vor Jahren war er einer der Hauptdarst­eller im Skandal um das MarketingU­nternehmen ISL. Vor Gericht wurde dokumentie­rt, dass er rund 25 000 Euro kassierte. Das Internatio­nale Olympische Komitee, dessen Mitglied Hayatou

„Ich könnte heute in den Vatikan direkt zum Fußballfre­und Franziskus gehen“

Sepp Blatter

Fifa-Präsident

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