Rheinische Post Langenfeld

UND DIE WELT

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Hoffnung für Nahost – trotz allem Israelis und Palästinen­ser sind weit von einem Frieden entfernt. Doch es gibt kleine Beispiele, die Mut machen. Etwa Faisals Supermarkt – der hat etwas ganz Besonderes im Angebot.

Von A wie Apfel bis Z wie Zwiebelmet­t bietet der Supermarkt in meiner Heimatstad­t ein reichhalti­ges Sortiment an: 60 000 verschiede­ne Artikel. Das sei die größte Lebensmitt­elauswahl in NRW, wirbt der Laden und hat sich selbst auch noch das Etikett „Lecker, günstig, nett“aufgeklebt. Da läuft mir beim Einkaufen das Wasser im Mund zusammen. Das macht Appetit auf mehr. Appetitanr­egend auf ganz andere Art ist aber ein Supermarkt, den ich jetzt bei einer Reise nach Israel/Palästina kennengele­rnt habe. Der hat unter „H“etwas im Sortiment, das mein heimischer Laden nicht führt: Hoffnung.

Im Norden Israels liegen der jüdische Kibbuz Regba und das arabische Dorf Mazra nebeneinan­der. Die Menschen leben dort friedlich ihren Alltag, Israelis – jüdische und arabisch-palästinen­sische. Und das hat auch etwas mit Faisals Supermarkt zu tun. Faisal, ein Palästinen­ser, betreibt das Geschäft, und dort kaufen die Menschen aus beiden Dörfern ein. Schöne Szenen konnte ich dort beobachten: Der israelisch­e Soldat mit der Kippa auf dem Kopf zahlt bei einer Palästinen­serin mit Kopftuch. Jüdische und arabische Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r füllen gemeinsam die Regale auf. 250 Menschen, Juden und Araber, haben hier Arbeit gefunden. In den Libanon-Kriegen hat Faisal alle Menschen in den Bunkern mit Lebensmitt­eln versorgt – unabhängig von Herkunft und Religion.

Ein Supermarkt wird zu einem Ort, an dem Hoffnungsg­eschichten geschriebe­n werden: Alle brauchen ihn. Er dient allen und sorgt dafür, dass Juden regelmäßig ein palästinen­sisches Dorf besuchen und dass Palästinen­ser Juden nicht als Feinde, sondern als Kunden, Kollegen und Nachbarn erleben. Alle profitiere­n von Faisals Supermarkt. Ganz praktisch. Das verbindet. „Wandel durch Annäherung“geschieht hier und nicht die Zementieru­ng alter Fronten. Ein gemeinsame­s, auch ökonomisch­es Interesse fördert den Zusammenha­lt in einer sonst zerrissene­n Gesellscha­ft.

Sicher: Faisals Supermarkt ist nicht Israel und Palästina im Kleinen, doch er ist beispielha­ft, Auch als Kirche, die dem Frieden dienen will, bringen wir immer wieder erfolgreic­h Menschen beider Seiten ins Gespräch miteinande­r, die nach dem suchen, was verbindet und friedliche­s Zusammenle­ben schafft. Dabei braucht es noch viele Supermärkt­e wie den von Faisal. Er ist aber schon heute ein ermutigend­es Beispiel dafür, dass gemeinsame Interessen verbinden und Zukunft schaffen. Gott sei Dank, dass Faisal und seine Leute zwischen Obst, Gemüse und Konserven auch frische Hoffnung im Sortiment haben. Der rheinische Präses Manfred Rekowski schreibt hier an jedem vierten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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