RWE-Kontrolleur verzweifelt gesucht
Amtsinhaber Schneider soll Kandidaten-Liste mit Joussen verworfen haben.
ESSEN Der angeschlagene Energiekonzern RWE sucht verzweifelt einen neuen Aufsichtsrats-Vorsitzenden. Nachdem Amtsinhaber Manfred Schneider den Plan fallen gelassen hat, 2016 im stolzen Alter von dann 77 Jahren noch einmal zu verlängern, muss er neu suchen. Im März habe er in seiner Ohnmacht den renommierten Münchener Personalberater Hermann Sendele beauftragt, eine Liste mit potenziellen Kandidaten zu erstellen, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Der habe auch geliefert und eine Liste mit rund einem Dutzend Namen erstellt. Auf der Liste sollen namhafte Manager wie Fritz Joussen (52), einst Vodafone-Deutschland- und jetzt TuiChef, sowie Burkhard Schwenker (57), Chef des Roland-Berger-Aufsichtsrats, stehen. Doch Schneider habe alle als ungeeignet verworfen, hieß es weiter. Eine RWE-Sprecherin wollte den Vorgang nicht kom- mentieren: „Zu Aufsichtsrats-Angelegenheiten äußern wir uns nicht.“
Die Zeit drängt. Bis zur Hauptversammlung am 20. April 2016 muss Schneider einen überzeugenden Kandidaten finden. Dazu muss er die Kommunen gewinnen, die 24 Prozent an RWE halten. Sie stellen vier der zehn Aufsichtsräte auf der Kapitalseite. Auch Verdi-Chef Frank Bsirske, der wieder als stell- vertretender Aufsichtsrats-Chef antreten will, wie es heißt, sollte möglichst zustimmen. Nach der Hauptversammlung wählt der Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden. Einen „Notausgang Schneider“wird es nicht geben; er hat jüngst auf der Hauptversammlung erklärt, nicht mehr anzutreten. Zugleich hat er viele Absagen kassiert: Paul Achleitner, Wolfgang Reitzle, Hans-Peter Keitel. Ex-Industriepräsident Keitel hatte am 5. März per Brief mitgeteilt, dass er wegen seines Alters (67) nicht zur Verfügung stehe. RWE brauche einen Oberkontrolleur für mehr als eine Amtszeit.
RWE kämpft an vielen Fronten. Unter anderem sind die Atomrückstellungen laut Konzernchef Peter Terium nicht mehr sicher. Die Umweltminister der Länder forderten gestern auf Initiative von Johannes Remmel (NRW) die Konzerne auf, ihre Rückstellungen sicherer zu machen. Der Bund soll die Bildung einer Atomstiftung prüfen.