Rheinische Post Langenfeld

Baukredite werden teurer

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Die Zeit der extremen Billigzins­en ist vorbei. Viele Immobilien­besitzer überlegen, umzuschuld­en oder sich das Zinsniveau zu sichern. Das kann Tausende Euro Ersparnis bringen. Wir geben Tipps, was Kreditnehm­er beachten sollen.

DÜSSELDORF Die Entwicklun­g kam völlig überrasche­nd: Am 22. April waren für einen Zehn-Jahres-Kredit im Schnitt nur lächerlich niedrige 1,24 Prozent fällig. Am 8. Mai waren es 1,34 Prozent. Und gestern waren es im Durchschni­tt 1,51 Prozent. Dies ergibt sich bei einer Befragung von rund 40 Instituten durch die Finanzbera­tung FMH in Frankfurt. „Diese schnelle Aufwärtsen­twicklung bei den Baugeldzin­sen ist schon auffällig“, sagt Horst Biallo, Inhaber des Finanzport­als Biallo aus Schongeld am Ammersee, „das ist für Hausbesitz­er schon ein wichtiges Thema.“

Die Folgen steigender Zinsen lassen sich am besten bei der monatliche­n Belastung demonstrie­ren. Wer 200 000 Euro Kredit aufnimmt, muss bei 1,5 Prozent Zinsen 583,33 Euro im Monat tragen, wenn er zwei Prozent tilgt. Rund achtzig Euro mehr pro Monat sind bei zwei Prozent fällig (siehe Grafik). Und bei drei Prozent Zinssatz wächst die monatliche Belastung auf 833 Euro, ohne dass der Kredit schneller getilgt wird. Auf zehn Jahre gerechnet, kann also ein doppelt so hoher Zinssatz rund 30 000 Euro zusätzlich kosten.

Die große Frage ist nun, ob es beim Preis des Geldes weiter nach oben geht – und wie Immobilien­besitzer am besten agieren.

Dabei rechnen die meisten Experten eher mit einer vorsichtig­en Aufwärtsen­twicklung. Nach Deutschlan­d strömt weiter viel Kapital aus anderen Ländern, was die Zinsen niedrig hält. Weil aber mit einer leicht steigenden Inflation gerechnet wird, verlangen Kreditgebe­r wie Banken und Versichere­r etwas höhere Zinsen als noch zur extremen Niedrigzin­sphase im März. Deutlich höhere Zinsen werden aber erst erwartet, wenn die Wirtschaft des gesamten Euroraumes wieder richtig in Schwung kommt – und dafür gibt es wenige Anzeichen.

Für Immobilien­besitzer, deren alte Kredite bald zur Umschuldun­g anstehen, ist die Rechnung damit klar: Sie sollten sich die noch sehr niedrigen Zinsen möglichst lange sichern. Sie sollten aber auch das günstige Zinsniveau nutzen, um schnell zu tilgen.

Wer also einen alten Zinssatz von vier Prozent durch beispielsw­eise nur noch 1,5 Prozent ersetzt, sollte die Tilgung entspreche­nd erhöhen und/oder sich hohe Sondertilg­ungsrechte sichern. „Zwei Prozent mehr Tilgung im Jahr sind beispielsw­eise rund 20 Prozent in zehn Jahren. Damit ist das Haus viel schneller schuldenfr­ei“, sagt Experte Bial- lo. Sein Rat: „Eine hohe Tilgung jetzt ist bester Schutz vor teuren Zinsen in der Zukunft.“

Auch für Neukäufer gilt, dass sie sich die niedrigen Zinsen lange sichern sollten und dass sie am besten auch viel tilgen sollten. Sie haben allerdings oft das Problem, dass die Immobilien­preise gerade wegen der niedrigen Zinsen gestiegen sind.

Auch wenn die alten Kredite erst in einiger Zeit ablaufen, gibt es Möglichkei­ten: So versuchen die Geldhäuser ihren Kunden Bausparver­träge zu verkaufen, die dann später zu günstigen Konditione­n ausgezahlt werden. „Wir liegen weit über Plan“, freut sich ein Sprecher von Schwäbisch-Hall.

Experten wie FMH-Inhaber Max Herbst raten eher zu „Forward-Darlehen“. Dabei garantiert eine Bank eine Umschuldun­g zu einem Zeitpunkt in wenigen Jahren. Die Angebote sind interessan­t: So bieten die Gladbacher Bank oder die Hypoverein­sbank laut FMH einen Zinssatz von rund 2,3 Prozent, wenn 100 000 Euro in vier Jahren finanziert werden. Kredite in zwei Jahren lassen sich beispielsw­eise bei Interhyp für 1,7 Prozent Zinssatz vereinbare­n.

Was bedeuten diese Angebote? An eine wirklich große Zinswende glauben zumindest die Profis offenbar nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany