Unterwegs in der schönen Umgebung von Mons
Mons, die europäische Kulturhauptstadt 2015, liegt im Hennegau. Der hält auch noch eine Menge weiterer interessanter Ziele für Besucher bereit.
Mons, die europäische Kulturhauptstadt 2015 mit ihrer prallen und fantasiereichen Programmpalette, ist in aller Munde. Doch auch die Schönheit ihres Umlandes ist erlebenswert. Die zahlreichen kulturellen und kunsthistorischen Kleinode kann man getrost noch als Geheimtipps bezeichnen. Sie liegen praktisch in überschaubarer Nähe zueinander. Ein Grund mehr, sie auf einer Tagestour einmal abzuklappern.
Erstes Ziel ist das 1242 gegründete Spital Notre-Dame à la Rose in Lessines, nur 35 Kilometer nördlich von Mons. Beim Gang durch diese Anlage, eine der letzten erhaltenen Beispiele eines mittelalterlichen Krankenhauses, wird noch heute spürbar, dass man sich nicht nur der körperlichen Gebrechen und Leiden der Menschen, sondern auch ihrer Seele annahm. Mit eigenem Bauernhof, Gärten und Eiskeller war man in der Lage, sich selbst zu versorgen. Besucher erleben den gotischen Kreuzgang, den Krankensaal, die barocke Kapelle, die Apotheke sowie eine große Sammlung von Kunstobjekten, Arzneimitteln, medizinischen Instrumenten und Geräten noch in ihrem ursprünglichen Rahmen. Das Spital zählt zu den beeindruckendsten und renommiertesten Sehenswürdigkeiten Belgiens.
Für die Mittagszeit geht es zur zweiten bedeutenden Kunst- und Kulturstadt der Region: Tournai, das nach Tonge- ren als älteste Stadt Belgiens gilt. Die Giebelhäuserzeilen der Patrizierbauten rund um die Grand-Place erscheinen vor der alles überragenden Kathedrale Notre-Dame mit ihren fünf Türmen wie Miniaturen in einer Eisenbahnmodellwelt. Diese Krone der Romanik ist wohl einer der schönsten Kirchenbauten Europas aus dieser Epoche. Gemeinsam mit dem zum Greifen nah stehenden ältesten Belfried Belgiens (1200) zählt sie zum Weltkulturerbe der Unesco.
Für Flaneure wäre der 72Meter-Aufstieg, der mit einer famosen Sicht über die Stadt belohnt wird, eine echte Alter-
Der 72-Meter-Aufstieg belohnt mit einer famosen Sicht
über Tournai
native. Doch spricht die Grand-Place eine überzeugende Einladung zum Lunch aus – nicht nur aus kulinarischer Sicht, sondern auch wegen des einzigartigen Panoramas, das hier immer quasi mit auf der Karte steht.
Am frühen Nachmittag führt die Route auf dem Rückweg nach Mons auf einen Abstecher zum Schloss von Beloeil – und damit in die Rokokowelt des „Prinzen Charmant“. Das Schloss ist untrennbar mit der Fürsten-Familie von Ligne verbunden, die noch heute das Schloss bewohnt. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten seiner Zeit gehörte der weltoffene Charles-Joseph Lamoral, Prince de Ligne (1735 bis 1814). Er war ein Rokokofürst und „Prinz Charmant“, der einen Gedankenaustausch mit Berühmtheiten seiner Zeit pflegte – unter anderem mit Voltaire, Rousseau, Friedrich dem Großen und Goethe. Geschenkobjekte aus den zahlreichen Verbindungen des Prin- zen sind noch heute in den reich möblierten und beeindruckenden Räumlichkeiten des Schlosses zu bewundern. Wunderschön ist die Bibliothek mit rund 20 000 prachtvollen Einbänden.
Das gesamte Schloss ist von Wassergräben umgeben. Die Ausmaße der Parkanlage aus dem 18. Jahrhundert mit einer Fläche von 25 Hektar können sich durchaus sehen lassen. Je nachdem, wie viel Zeit bleibt, kann der Abstecher in den Park mit seinem riesigen Bassin, der Orangerie und kilometerlangen Heckenwegen kurz oder sehr ausgiebig sein.
Hier bekommt man eine leise Ahnung davon, wie schön wohl die berühmte Open-AirMusiknacht des Schlosses im Sommer sein muss – da würde sich das Wiederkommen auf jeden Fall lohnen. Doch zunächst wartet eine andere Kulturparty, nämlich die in Mons, wohin die Rückreise am späten Nachmittag geht.