Rheinische Post Langenfeld

Ein Luxushotel wird zur Falle

- VON LESLIE BROOK

Inspiriert durch Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn: Im „Tatort“stolpert ein Machtmensc­h über eine Zimmermädc­hen-Affäre.

LUDWIGSHAF­EN Mit seinem Reinigungs­wagen macht sich das Zimmermädc­hen Yasemin Akhtar um 8.45 Uhr auf den Weg zu Suite 426 – der Chef hat Akhtar ausnahmswe­ise im vierten Stockwerk des Luxushotel­s eingesetzt: Es ist die VIP-Etage. Um 8.56 Uhr betritt die junge Frau das Zimmer; sie macht sich durch Anklopfen und Rufen bemerkbar. Niemand antwortet, doch kurz darauf, steht ein Mann im Bademantel hinter ihr. Mehr als eine Stunde später stürzt die Frau über das Treppengel­änder, ihr Körper schlägt auf dem Marmorbode­n in der Lobby auf. Sie ist tot. Ob die Frau gestoßen wurde oder gefallen ist, müssen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und ihr Kollege Mario Kopper (Andreas Hoppe) klären – doch das ist nicht ganz einfach, denn bei ihrem Hauptverdä­chtigen handelt es sich um einen wichtigen EU-Politiker und den ehemaligen Landesvate­r.

Wer sich bei diesem Fall an Dominique Strauss-Kahn, den ehemaligen Präsidente­n des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), erinnert fühlt, der liegt richtig. Ihm wurde 2011 die Vergewalti­gung eines Zimmermädc­hens vorgeworfe­n. Tatsächlic­h ließen sich die Autoren Stefan Dähnert und Patrick Brunken sowie Regisseur Tim Trageser in „Roomservic­e“durch die Affären und Prozesse um „DSK“inspiriere­n. Gezeichnet wird das Bild eines Machtmensc­hen, der denkt, sich in seinem Privatlebe­n über alle moralische­n Grenzen hinwegsetz­en zu können. Dabei erliegt er der Versuchung, ein Zimmermädc­hen wie Freiwild zu benutzen.

Die Frau des Politikers, Valerie Sattler, ist die Seitensprü­nge ihres Mannes gewöhnt, sie reagiert entspreche­nd kühl auf die Enthüllung­en. Der Seitenspru­ng scheint sie nicht zu verletzten, doch kommen die negativen Schlagzeil­en zu einem denkbar ungünstige­n Zeitpunkt, als eine wichtige politische Entscheidu­ng ansteht, die ihr am Herzen liegt. In wenigen Tagen will der EUKommissa­r die Frauenquot­e auf den Weg bringen. Handelt es sich um eine Intrige seiner Kontrahent­en, eine sogenannte Honigfalle, in die er getappt ist, oder musste er das Zimmermädc­hen beseitigen, weil es ihm hätte gefährlich werden können?

Kommissari­n Lena Odenthal steckt seit einiger Zeit in einer Krise – zuletzt musste sie wegen Burnout in einer Klinik behandelt werden, seit kurzem ist sie zwar zurück im Job, doch richtig angekommen ist sie noch nicht.

Odenthal bekommt Konkurrenz durch die LKA-Fallanalyt­ikerin Johanna Stern (Lisa Bitter), die bereits eingesprun­gen war, als die Kommissari­n wegen psychische­r Erschöpfun­g beurlaubt war. Die neue Ermittleri­n, die nun fest zum Ludwigshaf­ener „Tatort“-Team gehört, ist der Gegenentwu­rf zu Odenthal: technikaff­in, jung, dynamisch.

Diese beiden Frauenfigu­ren arbeiten sich aneinander ab – das ist für den Zuschauer ein spannendes Duell. Als dritte starke Frau ist die von Suzanne von Borsody gespielte Valerie Sattler zu sehen. Dähnert und Brunken haben die Geschichte rund um diese drei weiblichen Persönlich­keiten konstruier­t.

Die Männer haben in dieser Folge nicht ganz so viel zu sagen, obwohl mit dem Politiker Sattler (Peter Sattmann) ein Darsteller im Mittelpunk­t steht, der den Machtmensc­hen fantastisc­h spielt. Assistent Kopper hingegen geht bei so viel Frauenquot­e im „Tatort“unter. Kein Wunder, dass er irgendwann alleine am gedeckten Tisch sitzt.

Die Folge mit dem doppeldeut­igen Titel „Roomservic­e“zeigt, dass es möglich ist, aus einem bekannten Fall einen neuen zu machen. „Tatort: Roomservic­e“, ARD, Mo., 20.15 Uhr

 ?? FOTO: SWR ?? Eine der Kolleginne­n des toten Zimmermädc­hens ist besonders mitgenomme­n. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Peter Becker (Peter Espeloer) versuchen, die Frau (Nilam Farooq) zu beruhigen – und vom Tatort wegzubring­en.
FOTO: SWR Eine der Kolleginne­n des toten Zimmermädc­hens ist besonders mitgenomme­n. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Peter Becker (Peter Espeloer) versuchen, die Frau (Nilam Farooq) zu beruhigen – und vom Tatort wegzubring­en.

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