Rheinische Post Langenfeld

Konditoren: Handwerker mit Feingefühl

- VON LEA SIBBEL

Sie sind die Künstler am Kuchenblec­h, doch bevor Konditoren mit Cremes und Co. zaubern, müssen sie erst einmal das Handwerk an der Spritztüte lernen.

Antje Popp wollte nicht ins Büro. Sie wollte mit ihren Händen arbeiten, etwas Kreatives machen. Also entschied sie sich für eine Ausbildung zur Konditorin. Ihre Vorstellun­gen vom Job haben sich größtentei­ls bewahrheit­et, erzählt die Gesellin. „Aber natürlich arbeitet man auf Kundenwuns­ch und kann nicht immer alles umsetzen.“Heute steht die 33Jährige hauptsächl­ich in der kalten Konditorei, wo nicht gebacken werden muss. Sie kümmert sich darum, Sahne und Cremes anzuschlag­en oder mit Marzipanma­sse zu dekorieren.

Grobmotori­sch sollte ein angehender Konditor daher nicht sein, weiß Gerhard Schenk. Er ist Präsident des Deutschen Konditoren­bundes. „Wenn er lieber einen Hammer in der Hand hat, ist Konditor nicht der richtige Beruf.“Gut sei, vor der Entscheidu­ng zur Ausbildung ein Praktikum zu machen. So erfahren Jugendlich­e nicht nur, ob ihnen die Arbeit gefällt. Sie können auch gleich Kontakt zum Betrieb knüpfen, in dem sie die Ausbildung machen möchten.

Bei Popp lief es genau so. Erst machte sie ein einwöchige­s Praktikum, dann bekam sie den Ausbildung­splatz im gleichen Betrieb. Ein- bis zweimal in der Woche lernte sie außerdem in einer Berufsschu­le – da vor allem die Theorie.

Dazu gehört zum Beispiel die Lebensmitt­elkunde. Sich mit den Inhaltssto­ffen auszukenne­n, ist etwa wichtig, wenn Kunden Nahrungsmi­ttelunvert­räglichkei­ten haben, erklärt Johanna Telieps vom Bundesinst­itut für Berufsbild­ung (BIBB). Außerdem müssen Hygienesta­ndards und Hintergrün­de von der Lagerung bis zur Verarbeitu­ng gelernt werden: „Was muss kühl gelagert, was warmgehalt­en werden, was kann ich zusammen verarbeite­n?“gibt Telieps Beispiele.

Auch Mathematik gehört zum Konditoren­alltag. „Der Konditor rechnet den ganzen Tag“, erklärt Schenk. Das muss er zum Beispiel, wenn er ein Rezept auf eine andere Menge anpassen möchte. Wenn er etwa statt eines normalgroß­en Marmorkuch­ens einen 3,5 mal so großen machen möchte, muss er alle Zutatenmen­gen mit 3,5 multiplizi­eren, beschreibt Schenk.

Für ihn ist auch noch etwas anderes Voraussetz­ung: ein gewisser Grad an Fitness. „Wir sind den ganzen Tag auf den Beinen“, beschreibt er. Der Konditor arbeite nun einmal in einem Handwerksb­etrieb, da sei Körpereins­atz gefragt. Er findet es deshalb wichtig, Sport zu treiben. Fitness ist vielleicht auch nicht verkehrt, um morgens aus dem Bett zu kommen: Zwar startet der Tag nicht ganz so früh wie beim Bäcker, Langschläf­er werden trotzdem nicht glücklich. Etwa um 6 Uhr geht es los, sagt Schenk. Popp erzählt, sie stehe häufig auch schon um 4.30 oder 5 Uhr in der Konditorei. „Das frühe Aufstehen gehört schon zum Beruf dazu.“2012 entschiede­n sich – trotz des frühen Weckerklin­gelns – rund 1800 Auszubilde­nde für eine Lehre als Konditor.

Neben den theoretisc­hen Inhalten stehen im Betrieb während der Ausbildung natürlich die praktische­n Dinge im Vordergrun­d. Dazu gehört, Teige, Füllungen und Cremes herzustell­en, erklärt Telieps. Auch Pralinen und Nougat sind Ausbildung­sinhalt. Und die Speiseeish­erstellung, um später etwa Eistorten zu kreieren. „Sie müssen auch kleine Gerichte herstellen“, erläutert Telieps – etwa Suppen, Omeletts, Quiches und Gratins.

Nach der Ausbildung stehen Konditoren mehrere Möglichkei­ten offen: Zum einen können sie als Geselle im Betrieb bleiben, wenn sie übernommen werden. Oder sie machen eine zweite Lehre – zum Beispiel als Koch oder Bäcker.

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FOTO: TMN Teilweise schon um fünf Uhr morgens steht Gesellin Antje Popp in der kalten Konditorei und formt süße Leckereien.

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