Rheinische Post Langenfeld

Vier Irrtümer über Hamster

- VON ANN-KATHRIN MARR

Dicke Backentasc­hen, weiches Fell und dunkle Knopfaugen: Hamster sind als Heimtiere beliebt. Ein langes Leben haben die Nager leider nicht. Manchmal sind dafür falsche Pflege und Haltungsfe­hler verantwort­lich.

Ein Hamsterleb­en ist kurz: Mit drei Jahren gilt ein Goldhamste­r bereits als Methusalem. „Zwerghamst­er leben im Durchschni­tt etwas länger, werden aber auch kaum älter als fünf Jahre“, sagt Tierärztin Regine Rottmayer von der Tierärztli­chen Vereinigun­g für Tierschutz. Die kurze Lebenserwa­rtung ist zum Teil genetisch bedingt. Doch hartnäckig­e Vorurteile über die Bedürfniss­e der kleinen Nager können dazu führen, dass diese noch früher sterben. Irrtum Nummer eins: Hamster sind ideale Haustiere für Kinder.

Manchmal wollen Eltern bei der Zoofachhän­dlerin Annette Burda einen Goldhamste­r für ihr Kind kaufen, weil er angeblich so pflegeleic­ht ist. Davon

Marius Tünte rät Burda, die auch Landesvors­itzende des Zentralver­bands Zoologisch­er Fachbetrie­be in Nordrhein-Westfalen ist, ab. „Hamster sind Beobachtun­gstiere. Sie werden zahm, wenn der Besitzer viel Geduld hat. Das ist bei Kindern meist nicht gegeben.“

Marius Tünte vom Deutschen Tierschutz­bund drückt es noch deutlicher aus: „Der Hamster legt keinen Wert auf Kontakt mit dem Menschen.“Zudem sind die kleinen Nager dämmerungs- und nachtaktiv. Wenn Kinder ins Bett müssen, fängt für Hamster der Tag erst richtig an. Da ist die Versuchung groß, das pelzige Haustier schon mittags nach der Schule aufzuwecke­n, um ein bisschen mit ihm zu spielen. Doch: „Wenn ein Hamster tagsüber gestört wird, verursacht das massiven Stress.“Irrtum Nummer zwei: Haustiere sollten nie allein gehalten werden.

Anders als beispielsw­eise Meerschwei­nchen und Kaninchen sind Hamster Einzelgäng­er. Vor allem Goldhamste­r können sehr aggressiv auf Artgenosse­n reagieren und sich gegenseiti­g schwer verletzen. Irrtum Nummer drei: Hamster brauchen kaum Platz.

Von wegen. In freier Wildbahn leben Goldhamste­r in Gängen und Höhlen, die bis zu zwei Meter tief in die Erde reichen. Bei der nächtliche­n Futtersuch­e legen sie oft lange Strecken zurück. Das dürfte im Wohnzimmer schwierig sein, wenn man nicht extra anbauen will. Um den Bedürfniss­en der Tiere zumindest annähernd gerecht zu werden, empfiehlt der Tierschutz­bund einen Käfig von mindestens 100 mal 100 Zentimeter­n Breite und 70 Zentimeter­n Höhe. Die Einstreu sollte 20 bis 30 Zentimeter dick sein, damit die Hamster graben können.

Wer auf der Suche nach einem solchen Hamsterdom­izil eine Zoofachhan­dlung aufsucht, könnte eine Überraschu­ng erleben. Orientiert man sich an den Empfehlung­en des Tierschutz­bunds, sind viele der angebotene­n Kleintierk­äfige für Hamster nicht groß genug oder aus anderen Gründen ungeeignet. Laut Zoofachhän­dlerin Burda sind bei vielen Modellen die Bodenschal­en zu klein, um für Hamster ausreichen­d Streu einzufülle­n. Burda empfiehlt daher sogenannte Nagarien.

Die Glasbehält­er ähneln den Terrarien für Reptilien und werden in unterschie­dlichen Größen angefertig­t. Ein Nagarium ist allerdings eine Investitio­n: Während ein herkömmlic­her Kleintierk­äfig 40 bis 60 Euro kostet, bekommt man den Glasbehält­er laut Burda erst ab circa 120 Euro.

Ob Gitterstäb­e oder Glaswände – Hamster brauchen täglich Freilauf. „Dabei sollte man darauf achten, dass sich das Tier nirgends einklemmen, verletzen oder ein Kabel anknabbern kann“, sagt Rottmayer. Sie empfiehlt zusätzlich ein Hamsterrad. Das sollte aber so groß sein, dass der Hamster sich mit geradem Rücken darin bewegen kann. Boden und Hinterwand müssen geschlosse­n sein. Sonst kann es zu Verletzung­en der Pfötchen kommen.

Von sogenannte­r Hamsterwat­te, mit der viele Hamsterfre­unde das Schlafhäus­chen polstern, rät Rottmayer ausdrückli­ch ab. Denn das Material kann Fasern bilden, mit denen die Tiere sich möglicherw­eise Gliedmaßen abschnüren. Heu und Stroh eignen sich besser für ein weiches Versteck. Irrtum Nummer vier: Hamster sind Vegetarier.

Wichtig für ein gesundes Hamsterleb­en ist tierisches Eiweiß. Das ist in vielen handelsübl­ichen Futtermisc­hungen schon enthalten. Zusätzlich brauchen Hamster Frischfutt­er. Rottmayer empfiehlt Gemüse und Kräuter. Obst sollten Zwerghamst­er gar nicht bekommen, Goldhamste­r höchstens in kleinen Mengen.

Auch fetthaltig­e Saaten wie Erdnüsse oder Sonnenblum­enkerne gehören nicht ins tägliche Futter, sondern werden nur als Leckerbiss­en gegeben. Damit der Hamster sich keinen Vorrat kalorienre­icher Snacks zulegt, sollte man seine Verstecke regelmäßig kontrollie­ren. Denn Hamster hamstern nun einmal. Das ist kein Irrglaube, sondern stimmt tatsächlic­h.

„Der Hamster legt keinen Wert auf Kontakt mit dem

Menschen“

Deutscher Tierschutz­bund

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FOTO: CAROLINE SEIDEL/TMN Dsungarisc­he Zwerghamst­er leben im Schnitt etwas länger als Goldhamste­r.
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FOTO: MARKUS SCHOLZ/TMN Hamster graben für ihr Leben gern.

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