Das Gesundheitswesen muss sich digitalisieren
Es kann nicht sein, dass von der Urlaubsbuchung bis zum Bankkredit der Mensch immer mehr digital erledigt, aber weiterhin seine Röntgenbilder vom Orthopäden ins Krankenhaus und zurück tragen muss. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hinkt der gesellschaftlichen Entwicklung sträflich hinterher.
Schuld sind die üblichen Verdächtigen im Gesundheitswesen: Kassen, Kliniken, Ärzte und die Gesellschaft, die eine Infrastruktur für die elektronische Gesundheitskarte schaffen sollte: die Gematik. Sie haben sich jahrelang gegenseitig ausgebremst.
Daher ist es richtig, dass Gesundheitsminister Gröhe ein Gesetz schafft, das die Akteure unter Druck setzt. Sein Druckmittel ist Geld – ein besseres hat er nicht. Der Minister muss aber aufpassen, dass sein Tempo nicht die Datensicherheit schwächt. Die Vertraulichkeit der intimen Informationen über die Versicherten muss bei allem Ehrgeiz höchste Priorität haben. Nur dann kann die elektronische Gesundheitskarte ein Erfolg werden. Denn am Ende darf der Versicherte entscheiden, was auf seiner Karte gespeichert wird. Nur wenn er in das System vertraut, wird er sich dazu entschließen, körperliche Daten, Krankheiten und Arzneimittel aufnehmen zu lassen. BERICHT WIDERSTAND GEGEN GESUNDHEITSKARTE, TITELSEITE
Der Tarifstreit der Erzieher hat es bereits in die britische Wirtschaftszeitung „The Economist“gebracht. Die hält die Lohnforderung für berechtigt und finanzierbar. Tatsächlich könnten Städte mehr zahlen, wenn sie die unsinnige Beitragsfreiheit aufheben oder mehr in Kinder als in Beton investieren. Der Dauerstreik ist aber der falsche Weg, um das Ziel zu erreichen. Erzieher sind dem Kindeswohl verpflichtet – nun nehmen sie Kinder (und Eltern) in Geiselhaft. Ihretwegen werden Kinder seit zwei Wochen herumgereicht: gestern bei Oma, heute beim Nachbarn, morgen in Mamas Büro. Erzieher lassen Abschiedsfeiern für Kita-Kinder platzen, OGS-Betreuer die Grundschüler beim Endspurt allein. Mit ihrem Berufsethos ist all das unvereinbar.
Streiks kann man den Gewerkschaften nicht verbieten, die Tarifautonomie ist grundgesetzlich geschützt. Doch den Erziehern selbst sollte dämmern: Kinder sind keine Amazon-Pakete, die man im Kampf für mehr Geld mal einen Tag liegenlassen kann. Aus Verantwortung gegenüber den Kleinen sollten sie den Streik schleunigst beenden. BERICHT ELTERN VERLIEREN GEDULD . . ., TITELSEITE
VKita-Kinder in Geiselhaft
Polens Rechtsrutsch
on außen betrachtet ist die Entwicklung Polens in den vergangenen Jahren als Erfolgsstory zu werten. Das Land hat die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise gut überstanden, die Wachstumsraten gehören zu den höchsten in der EU, und die Arbeitslosigkeit ist zwar noch immer hoch, aber auf dem Sinkflug. Insofern war der Sieg des rechtskonservativen Nobodys Andrzej Duda über den etablierten liberalen Präsidenten Bronislaw Komorowski eine faustdicke Überraschung.
Doch die liberale Regierung und ihr Präsident haben es versäumt, die wirtschaftlichen Erfolge auf eine breitere Grundlage zu stellen. Viele im Land haben den Eindruck, der Aufschwung gehe an ihnen vorbei – die Arbeitslosen, die Rentner, kleine Gewerbetreibende. Da hatte es Duda einfach mit seiner Stimmungsmache gegen die angeblich internationale Überfremdung der Wirtschaft. Schlecht für Polen.
Der Sieg Dudas wird die Parlamentswahlen im Herbst beeinflussen. Dann wird Jaroslaw Kaczynski, der Kopf der Rechtskonservativen, es noch mal wissen wollen. Und seine Chancen stehen recht gut. BERICHT