Rheinische Post Langenfeld

Auch Tiere werden im Alter kauzig

- VON CHRISTOPH NIEKAMP

Tierpflege­r kümmern sich mit viel Aufwand um ihre greisen Schützling­e.

KÖLN (dpa) Chico reißt sein Maul auf. Viele Zähne hat er nicht mehr in seinem Gebiss. Seine Finger sind krumm, sein rötliches Fell wirkt schütter – Chico ist ein echter Brüllaffen-Senior. Mit seinen 29 Jahren hält er den Rekord, sagt Kurator Alexander Sliwa. Früher war Chico ein Leierkaste­naffe auf Teneriffa, heute verbringt er seinen Ruhestand im Kölner Zoo.

Arthrose, Bandscheib­enschäden, Zahnproble­me, grauer Star. Tiere bekommen im Alter die gleichen Beschwerde­n wie Menschen. „Manche werden sogar etwas kauzig“, sagt Sliwa. Der Luxus im Zoo: Pflegenots­tand gibt es eher nicht, denn hier kümmert sich ein Tierarzt um die Altersleid­en der Tiere. Erfolgreic­h. Im Schnitt werden Tiere in der Natur nur halb so alt wie im Zoo.

„Alle wollen immer nur klein und niedlich“, beschreibt Sliwa das Dilemma der Zoos. Die Tierbabys seien die Stars. Ein alter Klunkerkra­nich von 48 Jahren, träge Krokodilse­nioren oder ein alter Orang-Utan seien dagegen nicht so beliebt. Tilda ist mit ihren knapp 50 Jahren schon eine reifere Orang-Utan-Dame. Sie bewegt sich langsam, und auf ihren Fingern zeichnen sich schon die Altersflec­ken ab. Im Kölner Zoo ist Tilda von den anderen Orang-Utans getrennt. „Die Jüngeren würden Sie nicht in Ruhe lassen“, sagt Kurator Sliwa.

Alte Tiere seien weniger flexibel, nicht mehr so wendig. Bei den Roten Varis bemerkt Sliwa, dass das älteste Vari-Weibchen Tanja den Kopf ständig schief hält. „Die hat bestimmt einen Schlag bekommen“, vermutet er. Varis sind Halbaffen aus Madagaskar. Tanja ist noch dort geboren. Jetzt lebt die 30-Jährige mit ihrem 29-jährigen Mann Trouble getrennt von den jüngeren Varis im Kölner Zoo.

Eine Senioren-WG gibts auch bei den Elefanten im Allwetterz­oo Münster. Die drei Asiatische­n Elefantenk­ühe Rada (48), Kanaudi (49) und Tefi (49) leben mit drei jüngeren Elefanten zusammen. „Wenn ein Elefant 60 wird, ist das ein echtes Highlight“, erklärt Kurator Dirk Wewers. Das wäre mit einem über 100jährige­n Menschen vergleichb­ar. Das Alter merke man den Dickhäuter­n aber nicht an. „Nur Rada sieht ein bisschen eingefalle­ner aus“, sagt Wewers.

Saftiges Fleisch ohne viel Knochen gibt es für das betagte Löwenpaar (beide 17) im Zoo Duisburg. Normalerwe­ise würden Raubkatzen nur etwa 15 Jahre alt, erklärt Biologe Volker Grün. Im Zoo gibt es deswegen altersgere­chte Nahrung. „In der Natur kriegen die alten Tiere nur das, was die anderen ihnen übriglasse­n“, sagt Grün.

Vielen Tieren sehe man ihr hohes Alter gar nicht an. Siamang-Affe Jupp sei mit seinen 40 Jahren immer nach aktiv und aufmerksam, erzählt Grün. Die alten Pfleger kennen das Tier, seit sie vor Jahrzehnte­n im Zoo angefangen haben.

Dabei muss über die Jahre hinweg nicht immer eine enge Freundscha­ft entstehen: Manche Tierpflege­r mag Brüllaffe Chico einfach nicht, erzählt Wolfgang Schmiedebe­rg im Kölner Zoo. Auch ihn, normalerwe­ise einer von Chicos Lieblingsp­flegern, begegnet der Brüllaffe an manchen Tagen mit Drohgebärd­en. „Dann sage ich: Ich bin’s doch. Und dann erkennt er mich“, erzählt Schmiedebe­rg, während er mit seiner Kollegin das Essen für die Affen vorbereite­t. Für den alten Chico wird natürlich auch ein bisschen weiches Gemüse dabei sein.

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FOTO: DPA Brüllaffe Chico im Zoo Köln ist 29 Jahre alt und hat kaum noch Zähne.

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