„Ausbildungsabgabe schafft keine Lehrstellen“
Morgen treffen sich Politik und Sozialpartner zum NRW-Ausbildungsgipfel, der Gewerkschaftsbund fordert eine Abgabe, damit Firmen mehr ausbilden. Was hält die von Ihnen geführte IHK NRW als Zusammenschluss aller Industrie- und Handelskammern davon? KERSTING Die Drohung mit einer Ausbildungsplatzabgabe ist mehr als kontraproduktiv. Hierdurch wird kein Vertrag mehr geschlossen. Bei der Einführung einer Abgabe würden die Unternehmen wahrscheinlich zum Dienst nach Vorschrift bei der Ausbildung übergehen. Richtig wäre, die gemeinsamen Anstrengungen stärker darauf auszurichten, Jugendliche und Firmen gezielt zusammenzubringen, damit mehr junge Leute passende Ausbildungsplätze und mehr Firmen passende Auszubildende finden. Was muss passieren, damit mehr Jugendliche eine geeignete Lehrstelle finden? KERSTING Die Unternehmen, wir und das Land müssen dafür werben, dass junge Leute beweglicher bei der Auswahl der Lehrstelle werden. So weit sind Münsterland und Sauerland mit ihren zahlreichen unbesetzten Ausbildungsstellen nicht vom unterversorgten Ruhrgebiet entfernt. Es gibt auch viel mehr Ausbildungsberufe als nur das übliche Dutzend bei Jugendlichen beson- ders beliebter Berufe wie Mechatroniker oder Kaufleute für Büromanagement. Unternimmt das Land genug für schnelle Internetanschlüsse? KERSTING Die geplanten 70 Millionen Euro bis 2020 reichen nicht aus. Es sollten spürbar Mittel im dreistelligen Millionenbereich zur Verfügung gestellt werden, damit das Land den Ausbau schnell und wirksam vorantreiben kann. Da müssen auch im Haushalt Mittel umgeschichtet werden. Wir können uns auch nicht darauf ausruhen, dass das Rheinland und das Ruhrgebiet wegen ihrer Bevölkerungsdichte gut beim schnellen Internet versorgt sind, wichtige Wirtschaftsregionen wie Ostwestfalen und Südwestfalen oder auch das Sauerland, wo ich lebe, werden abgehängt. Lange haderte die Wirtschaft mit den rot-grünen Initiativen für den neuen Landesentwicklungsplan, ein NRWKlimaschutzgesetz sowie für das Tariftreue- und Vergabe-Gesetz. Bleibt es bei der Kritik, obwohl die Vorhaben entschärft wurden? KERSTING Wir begrüßen, dass alle drei Pläne nun weit weniger rigide umgesetzt werden sollen als befürchtet. Trotzdem haben wir mit den Vorhaben weiter Probleme: So könnten viele Einzelregeln am Ende Investitionen verhindern. Und so ganz verstehen wir nicht, warum wir eine NRW-Klimaschutzpolitik und eigene Vergaberegeln brauchen, obwohl es da schon (neue) Regeln auf Bundesebene und in Europa gibt. REINHARD KOWALEWSKY FÜHRTE DAS GESPRÄCH. EINE LANGFASSUNG IST BEI RP-ONLINE.DE ZU FINDEN