Rheinische Post Langenfeld

Meine Schuld, mein Klub, mein Plan

- VON GIANNI COSTA

Schalkes Sportvorst­and Horst Heldt legt ein umfangreic­hes Schuldbeke­nntnis ab und ruft zum Neuanfang auf.

GELSENKIRC­HEN Horst Heldt sieht da oben auf dem Podium ein wenig verloren aus. Er blickt der angespannt­en Lage angemessen ernst drein. Es ist der Tag, an dem er mal wieder erklären muss, was alles nicht gut gelaufen ist in den vergangene­n Monaten. Am Vormittag hat der FC Schalke 04 eine Mitteilung verschickt, in der die Trennung von Trainer Roberto Di Matteo verkündet worden ist. Kein Rauswurf. Di Matteo habe sich entschiede­n, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Diese Formulieru­ng dürfte Teil intensiver Beratungen über den Aufhebungs­vertrag in den vergangene­n Tagen gewesen sein. Wie kann man auseinande­rgehen, ohne sich gegenseiti­g zu weh zu tun? Es geht darum, dass jeder sein Gesicht wahrt – und es geht um ein paar Millionen Euro als Abfindung.

Sportvorst­and Heldt sitzt 35 Minuten auf dem Podium. Er weicht keiner Frage aus, sei sie noch so absurd. Kostprobe: Herr Heldt, ist Jürgen Klopp als Nachfolger vorstellba­r, will jemand wissen. Heldt: „Sieben Jahre echte Liebe kann man nicht innerhalb von zwei Monaten verändern. Das wäre nicht glaubwürdi­g. Wir müssen schon authentisc­h bleiben.“Er beantworte­t allerdings auch keine Frage richtig. Er erzählt, was er erzählen will. Die Botschaft an seine Kritiker: Ich bin hier der Macher, in guten wie in schlechten Zeiten. Ich, Ich, Ich. „Ich habe mich für Di Matteo entschiede­n.“„Ich habe eine Entscheidu­ng getroffen.“„Ich habe eine ganz klare Vorstellun­g, wie hier künftig Fußball gespielt werden soll.“„Ich trage dafür die Verantwort­ung.“

Auch das dürfte Teil der Vereinbaru­ng mit Di Matteo gewesen sein: Dass es nicht geklappt hat, liegt selbstrede­nd nicht an den Qualitäten von Trainer und Manager. Die Umstände haben ein erfolgreic­heres Arbeiten nicht zugelassen. „Ich bin nach wie vor von ihm überzeugt“, befindet Heldt. „Er wird weiter seinen Weg gehen. Hier hat es nur einfach nicht geklappt.“Doch Heldt sagt auch: „Klar ist, es sind Fehler gemacht worden. Es gab Probleme im Zusammenle­ben der Mannschaft.“Es ging offenbar auch um strategisc­he Fragen, bei denen Di Matteo andere Vorstellun­gen hatte. So soll der Italiener einen Verkauf von Talent Max Meyer begrüßt haben, Heldt sah das wohl anders, heißt es aus Vereinskre­isen.

Ist er denn sicher, dass er, Heldt, weiter der Richtige für Schalke ist? „Ich habe einen Vertrag bis 2016. Für mich gibt es deshalb keinen Grund, mir über irgendetwa­s anderes Gedanken zu machen.“Er vielleicht nicht, andere schon. Am 28. Juni ist Mitglieder­versammlun­g auf Schalke, man kann sich ausmalen, was Heldt dort zu hören bekommen wird. Am 28. Juni ist auch Trainingsa­uftakt. Bis dahin, sagt er, wolle er die Sache mit dem neuen Chef- coach auf jeden Fall geregelt haben. Wenn nicht, würde es auch notfalls interne Lösungen geben. Kurze Pause. Heldt muss selbst schmunzeln. Zu absurd ist die Vorstellun­g, er könne nun einen Monat lang gemütlich einen Kandidaten suchen. Jeden Tag, an dem er keine Lösung präsentier­t, wird über neue Namen spekuliert werden. Andre Breitenrei­ter, Marc Wilmots, Huub Stevens, Armin Veh. „Der erste große Fehler wäre jetzt, einen Schnellsch­uss zu präsentier­en.“Vieles erscheint derzeit möglich. Selbst eine Begnadigun­g von Kevin-Prince Boateng und Sidney Sam („Wenn mich der neue Trainer davon überzeugen würde.“)

Das Anforderun­gsprofil für den neuen Cheftraine­r hat er schon ziemlich genau vor Augen. Der soll für attraktive­n Fußall stehen, Dis- ziplin in der Truppe gewährleis­ten und junge Spieler weiterentw­ickeln. Das alles würde für Norbert Elgert (58), verantwort­licher Trainer im Nachwuchsb­ereich von Schalke, sprechen. Elgert hat mit den A-Junioren zum dritten Mal die Meistersch­aft gewonnen. Ein Aufstieg zu den Profis könne er sich erst in ein, zwei Jahren vorstellen: „Nach 18 Jahren im Nachwuchsb­ereich brauche ich jetzt erstmal eine längere Pause, vielleicht eine Kur.“Vielleicht verschiebt er derlei Pläne aber auch einfach. Heldt vermeidet ein Dementi. „Ich tausche mich ständig mit ihm aus“, sagt er. „Er geht jetzt erstmal in Urlaub. Wir werden Gelegenhei­t finden, alles miteinande­r in Ruhe zu besprechen.“Ruhe ist allerdings so ziemlich dass einzige, was man auf Schalke nicht findet.

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FOTO: DPA Soloprogra­mm bei der Pressekonf­erenz des FC Schalke 04: Sportvorst­and Horst Heldt.

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