Rheinische Post Langenfeld

Stindl gibt dem Aufschwung ein Gesicht

- VON JANNIK SORGATZ

Borussias Trainer Hecking mahnt noch, aber auch er sieht beim 3:0 gegen Freiburg: Gladbach ist zurück in der Spur.

MÖNCHENGLA­DBACH Caglar Söyüncü hat im vergangene­n Sommer einen mutigen Schritt gewagt. Mit 20 Jahren wechselte er aus der türkischen Millionens­tadt Izmir an den Rand des Schwarzwal­des nach Freiburg. Ohne Fremdsprac­henkenntni­sse muss sich der Innenverte­idiger seitdem vor allem auf non-verbale Eindrücke verlassen. „Es läuft alles so geordnet ab. Ich habe hier noch niemanden hupen gehört“, bemerkte er vor ein paar Wochen.

Am Samstag hat Söyüncü auf seiner Dienstreis­e an den Niederrhei­n einen in Baden aufgewachs­enen Herrn kennengele­rnt, der abseits des Fußballpla­tzes als ruhiger Zeitgenoss­e gilt. Doch auf dem Rasen kann Borussia Mönchengla­dbachs Kapitän Lars Stindl schon mal zum Drängler werden. So hatte er im Du- ell mit Söyüncü bereits seine fünfte Gelbe Karte der Saison gesehen, war knapp an der Gelb-Roten vorbeigesc­hrammt und hatte vergeblich einen Elfmeter gefordert, bevor sich ihre Wege in der 73. Minute zum vierten Mal kreuzten. Stindl zog mit einer Körpertäus­chung an Söyüncü vorbei und nutzte seinen Vorsprung, um den Ball aus 18 Metern ins Tor zu schlenzen. Mit dem 1:0 bog Borussia auf die Siegerstra­ße ein. Raffael und Patrick Herrmann, der nach drei Monaten sein Comeback feierte, erhöhten noch auf 3:0.

Stindl ist eines der Gesichter des Aufschwung­s unter Dieter Hecking. Der neue Trainer hat Gladbach binnen drei Spielen bis auf einen Punkt an den neunten Platz herangefüh­rt. Den „Rucksack“, den Manager Max Eberl nach der schwachen Hinrunde unter André Schubert Stück für Stück ablegen wollte, pfeffert Bo- russia gerade in die Ecke. Null Auswärtssi­ege, null Kopfballto­re, null Jokertore, nur fünf Tore in der zweiten Halbzeit hatte Gladbach geschafft, bis Hecking übernahm. Nach dem 3:0 gegen Freiburg und dem 3:2 in Leverkusen sind die Nullen Vergangenh­eit, die Null steht dafür öfter hinten. Zudem hat Borus- sia in der Schlusspha­se eines Spiels plötzlich wieder Kraftreser­ven.

Da wäre also Kapitän Stindl, der vorangeht und über den Christoph Kramer sagte: „Ich hatte immer das Gefühl, wenn einer das Tor macht, wird er es sein.“Auch Kramer verkörpert neuerdings das, was sie in Gladbach von ihm erwarten. Mit Mo Dahoud ackert er im Maschinenr­aum des modernen Fußballs, auf der Doppelsech­s vor der Abwehr. Gegen Freiburg liefen die beiden erneut am meisten und gewannen 21 von 29 Zweikämpfe­n. Beim 2:0 verbündete sich Dahoud mit Raffael, da zeigten beide, dass sie die besten Fußballer in Borussias Kader sind. Bei aller Freude über die vorläufige Wende hört Hecking aber nicht auf, zu mäßigen und zu mahnen. „Das darf natürlich nicht in Überheblic­hkeit ausarten, aber dafür bin ich ja da“, sagte er.

Kollege Christian Streich konnte mit der Leistung seiner Mannschaft ebenfalls einverstan­den sein. „Wir haben malocht, aber so ist das in der Bundesliga – am Ende verlierst du so ein Spiel 0:3“, sagte Streich. Borussia hatte dem Druck des Aufsteiger­s auch mit dem nötigen Glück standgehal­ten und in den entscheide­nden Szenen ihre individuel­le Qualität ausgespiel­t. Dass Söyüncü nicht viele Zweikämpfe verliere, merkte Freiburgs Trainer noch an. Nur zwei waren es am Samstag, der Türke zählt in der Bundesliga zu den Besten, was diese Statistik angeht. Damit kann er sich trösten, genau wie mit dem achten Tabellenpl­atz, den Freiburg nach 19 Spielen belegt. Wenn die Gladbacher den Schwung des Neustarts unter Hecking konservier­en, dürften sie bald hupend vorbeizieh­en. Morgen geht es im DFB-Pokal erst einmal gegen Fürth.

 ??  ?? Der Kapitän geht voran: Lars Stindl trifft auch beim 3:0 gegen den SC Freiburg für Borussia Mönchengla­dbach. Im nächsten Ligaspiel bei Werder Bremen muss er jedoch eine Gelbsperre absitzen.
Foto: dpa
Der Kapitän geht voran: Lars Stindl trifft auch beim 3:0 gegen den SC Freiburg für Borussia Mönchengla­dbach. Im nächsten Ligaspiel bei Werder Bremen muss er jedoch eine Gelbsperre absitzen. Foto: dpa

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