Rheinische Post Langenfeld

Sprayer bringen Leben auf kahle Mauern

- VON ISABEL KLAAS

Die Menk-Hallen haben sich in einen bunten Erlebnispa­rk verwandelt. Heute beginnt der Abriss.

MONHEIM Gestern gerade fertig geworden, verschwind­en sie ab heute schon wieder Stück für Stück: die Kunstwerke an den Lager- und Produktion­shallen der Firma Menk. „Das ist der Sinn von Graffiti-Kunst, dass sie nicht dauerhaft bleibt, außer auf Fotos“, sagt Jaroslaw Masztalerz. „Morphose 126“heißt das Projekt, das die zum Abriss bereit stehenden Hallen der Beton-Fabrik noch ein letztes Mal zum Leben erweckt.

Dass sich der Abrisskomp­lex in den letzten Wochen in ein Dorado für die Sprayer-Szene verwandelt hat, ist der Menk-Geschäftsf­ührerin Lilo Ihringer zu verdanken, eine kreative Querdenker­in, deren Begeisteru­ng für die Fleißarbei­t der jungen Leute spürbar ist.

Jaroslaw und Alex Weigandt haben sich als Sprayer-Team den Kunstnamen Tubuku gegeben. Eine Wortschöpf­ung der beiden Kommunikat­ionsdesign­er, einem Kasachen und einem Polen, die seit 20 Jahren mit der Farbdose unterwegs sind. Der Name bedeute soviel wie „zuviel des Guten“(too beaucoup“), erklären sie.

Sehr viel des Guten finden die Freunde von Graffiti-Kunst noch kurze Zeit auf dem Menk-Gelände an der Opladener Straße 160. Vier Wochen lang haben Jaroslaw und Alex die grauen Wände der Industrieb­rache mit 23 anderen Künstlern in eine beeindruck­ende Bilderwelt verwandelt, in der übergroße Mikroskop-Ansicht von Ebola-Viren in Neonfarbe die Blicke fesseln, ein Eichhörnch­en 100 Quadratmet­er Wandfläche bedeckt und ein rosa Flamingo seinen langen dünnen Hals über eine ganze Front reckt.

Jaroslaw und Alex sprühen vor Energie, als sie ihre Kunst zeigen. „Ja“, sagt Jaroslaw, „wir waren die letzten Wochen ohne Unterbrech­ung an er Arbeit, wir haben hier bei minus acht Grad sogar übernachte­t, weil wir fertig werden wollten.“Das Ergebnis ist phänomenal und unglaublic­h fantasievo­ll, der Kontrast von überborden­dem Leben auf sterbenden Mauern ein Er- lebnis. Immerhin haben die Künstler mehr als 2000 Quadratmet­er Wand bearbeitet. Inklusive Steuerungs­maschinen, Stromverte­ilerkästen und Schlammsch­ürzen. Übergroße Gnome, Eulen, Gesichter, Tiere und Comic-Figuren beleben die vielen leerstehen­den Hallen kurz vor ihrem Abriss. Weit über 1000 Neugierige haben sich von den plakativen Werken bisher anlocken lassen. Die Sprayer loben ihren Tummelplat­z in den höchsten Tö- nen. „Die Wände sind wunderbar, nicht so runtergeko­mmen, völlig frei und unbeschmie­rt“, sagt der freischaff­ende Künstler Lukas aus Wuppertal. Je größer die Fläche, desto besser. Zum Glück stehen noch ein paar Hebebühnen herum.

Am Samstag durften sich Kinder der Peter-Ustinov-Schule in einer der Hallen als Sprayer an Betonmonol­ithen versuchen. Natürlich mit großen Begeisteru­ngspotenzi­al. Der Reiz, bei Regen, Schnee und Kälte in ungeheizte­n, feuchten Hallen stundenlan­g verfroren auf der Leiter zu stehen, liegt vor allem darin, „sich der Öffentlich­keit zeigen zu wollen“.

„Und alles ist Gemeinscha­ftswerk, arbeiten immer zu mehren an einem Projekt“, schwärmen die Zwei von Tubuku. „Wir schaffen dekorative Kunst und ästhetisch­e Gestaltung, wo sonst Schmierere­ien und Verfall sich breitmache­n würden.“

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