Kampls doppelter Frust
Der slowenische Nationalspieler von Bayer Leverkusen ist von der Tabellensituation seines Klubs genervt und regt eine Aussprache an. Vize-Kapitän Toprak bestätigt seinen Wechsel zum BVB im Sommer. Tah fällt wohl mehrere Wochen aus.
LEVERKUSEN/HAMBURG Am Ende war es für Kevin Kampl eine doppelte Enttäuschung. Der Mittelfeldspieler hatte sich gegen den Hamburger SV einiges vorgenommen. Im Falle eines eigenen Treffers wollte er das Trikot seines gesperrten Freundes und Mitspielers Hakan Calhanoglu zeigen. Er hatte es während des Spiels unter seinem eigenen getragen. „Wenn du so eine Schocknachricht wie die Sperre von Hakan bekommst, nimmt uns das alle sehr mit. Wir wollten das Spiel für ihn gewinnen. Das hat leider nicht geklappt“, sagte Kampl. Dass jedoch weder er selbst ein Tor erzielte, noch sein Team den Sieg holte, ließ den 26-Jährigen doppelt frustriert zurück. Kampl, der seit 2015 für die Werkself spielt, betonte: „Das ist eine der schwierigsten Situationen, seitdem ich hier bin. Wir können uns nur selbst daraus befreien. Da kann uns niemand helfen.“
Die Stimmung beim Werksklub schwankt in dieser Saison fast schon beständig zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Im Anschluss an das enttäuschende 0:1 beim HSV am Freitagabend wirkte die Gefühlslage bei den Protagonisten von Bayer 04 jedoch noch etwas betrüblicher als sonst. Der sonst besonnene Routinier Stefan Kießling polterte vor den TV-Kameras und sprach von einem „ganz schlechten Spiel“. Sportdirektor Rudi Völler sah in der gezeigten Leistung einen „klaren Rückschritt“. Und während das Gros der Spieler wortlos und mit hängenden Köpfen in der Kabine verschwand, suchte Kampl nach Erklärungen.
„Wir Spieler sind gefordert und niemand sonst. Wir müssen uns jetzt zusammenreißen und zusehen, dass wir noch eine möglichst vernünftige Saison daraus machen, einige Punkte holen, und ein paar Plätze gutmachen“, erklärte Kampl. Seinen Trainer Roger Schmidt, der ihn in den ersten 45 Minuten auf Calhanoglus angestammter Positi- on auf der linken Außenbahn einsetzte, nahm der 26-Jährige aus der Pflicht. Jetzt die Fehler nur bei anderen zu suchen, halte Kampl, der in Hamburg selbst nicht sein bestes Spiel im Bayer-Dress zeigte, für nicht angemessen. Selbstkritik sei angesagt. „Auf welchem Platz stehen wir – dem zehnten? Was soll ich da von der Champions League reden. Wir müssen sehen, dass wir den Anschluss schaffen und vielleicht noch an die Plätze fünf oder sechs rankommen“, antwortete er angesprochen auf die verbleiben- den Ziele – und schlug eine teaminterne Aussprache vor.
„Vielleicht müssen wir uns mal zusammensetzen und darüber sprechen. Wir können es ja, das haben wir schon oft genug bewiesen. Aber wir müssen Konstanz reinbringen.“Der 24-fache slowenische Nationalspieler erinnerte an die starke letzte Rückrunde, in der sich Bayer dank eines Schlussspurts letztlich noch für die Champions League qualifizierte. „Da haben wir uns den Arsch aufgerissen. Jeder für Jeden. Da gingen uns auch die Spie- ler aus und trotzdem haben wir eine super Serie gehabt. “
Als wäre die 0:1-Pleite und der dadurch entstandene Frust bei Kampl und den übrigen Bayer-Kickern nicht niederschmetternd genug für die Ambitionen des Werksklubs, folgten gestern die nächsten unerfreulichen Nachrichten. Innenverteidiger Jonathan Tah, der sich kurz vor dem Schlusspfiff im Volksparkstadion verletzte, wird dem Klub wegen eines Muskelfaserrisses im linken Oberschenkel für einige Wochen fehlen. Leverkusens Vize-Ka- pitän Ömer Toprak bestätigte zudem, dass er den Werksklub nach sechs Jahren in Richtung Dortmund verlassen wird. Bei den Westfalen erhält er einen Vertrag bis 2021. Der Türke, der in Leverkusen zum Nationalspieler reifte, wird vom Klub wie folgt zitiert: „Wenn ich im Sommer nach Dortmund gehe, beginnt für mich ein neuer Abschnitt. Aber ich werde immer mit Freude auf eine außergewöhnliche Zeit in Leverkusen zurückblicken.“
Im Moment dürfte allerdings eher der Frust überwiegen.