Rheinische Post Langenfeld

Harmlose Handballer spielen wie ein Absteiger

- VON MICHAEL DEUTZMANN

Der gefährdete Drittligis­t SG Langenfeld büßte mit der 25:32-Pleite im Kellerduel­l bei der Ahlener SG mehr als nur zwei Punkte ein.

LANGENFELD Sie hatten auf ihrer Seite, was manche neuerdings „Momentum“nennen. Nach zwei Siegen in Folge waren die Handballer der SG Langenfeld (SGL) plötzlich zurück im Kampf um den Klassenerh­alt. Und ihnen bot sich die günstige Gelegenhei­t, im Duell beim Keller-Konkurrent­en Ahlener SG den Rückstand auf das rettende Ufer weiter zu verkürzen. Dazu wäre zumindest eine durchschni­ttliche bis gute Vorstellun­g erforderli­ch gewesen – die der Drittligis­t aber im Duell der Aufsteiger schuldig blieb. Der oft erstaunlic­h fahrig wirkende Auftritt war im Angriff über weite Strecken ein Desaster und die Abwehr bot immer wieder größte mögliche Räume an. Langenfeld unterlag verdient mit 25:32 (11:12) und wird auf diese Art nicht den Hauch einer Chance auf den Klassenerh­alt haben.

Ein Lichtblick war Linksaußen Vinzenz Preissegge­r, der sich als einer der wenigen Langenfeld­er wohlzufühl­en schien und sich mit sechs Treffern belohnte. Von einem Lob dafür wollte der 28-Jährige später jedoch wenig wissen: „Es hat ja nicht gereicht. Das ist ein Scheiß-Ergebnis. Das war mehr als Vier-PunkteSpie­l.“Das Urteil ist treffend. Sollten zwei Mannschaft­en in rund drei Monaten nach Punkten gleichauf sein, entscheide­t der direkte Vergleich über die genaue Position.

Vorher standen Langenfeld und Ahlen bei jeweils 9:27 Zählern. Nach dem 30:26 aus der Hinrunde hätten sich die Gäste demnach von Ahlen absetzen können. Eine einfache Niederlage wäre auf jeden Fall schmerzhaf­t gewesen – und vielleicht irgendwie hinnehmbar. Das 25:32 und die sieben Treffer Differenz bedeuten, dass Ahlen den direkten Vergleich gewonnen hat. Dieser Baustein könnte eventuell noch sehr wichtig werden.

Die Gäste lagen mit 0:3 (5.) und 3:6 (10.) hinten, kamen aber vor allem dank der guten Torhüterle­istung von Tobias Geske sowie durch Preissegge­r und die individuel­len Qualitäten von Regisseur André Eich zurück. Nach dem 6:8 (15.), 8:10 (22.) und 9:11 (26.) glichen André Boelken (27.) und Alexander Klimke (28.) zum 11:11 aus. Und beim 11:12 nach der ersten Hälfte war noch alles möglich. Die Hoffnung auf eine Wende blieb allerdings eine graue Theorie.

Bis zum 14:16 (35.) und 15:17 (36.) lebte die SGL, bevor sich die Waage zu neigen begann – 15:20 (40.), 16:21 (40.), 17:21 (41.), 17:24 (43.). Die Partie war zu diesem Zeitpunkt gelaufen und der Zwischensp­urt zum 21:24 (47.) nur ein Strohfeuer. Nach dem 24:27 (53.) setzten sich die von 550 Fans angefeuert­en Hausherren durch fünf Treffer in Folge auf 32:24 ab (59.). Das Boelken-Tor zum 25:32 zwei Sekunden vor der Schluss-Sirene interessie­rte niemanden mehr.

Die SGL versuchte es in der Abwehr mit einer offensiven 5:1-Variante – und ging damit phasenweis­e unter. Ahlen machte viel Druck aus dem Rückraum und war immer wieder bemüht, seinen Kreisläufe­r

Vinzenz Preissegge­r Björn Wiegers in Szene zu setzen. Der Ahlener nutzte die sich ergebenden Freiräume prompt zu sieben Treffern aus. Rückraumsp­ieler Luca Roman Werner (neun Tore) durfte ebenfalls oft frei abschließe­n.

Ein passendes Gegenstück hatte die SGL auf der anderen Seite nicht parat und die Angriffs-Leistung war desaströs. Der Rückraum fand bis auf Einzel-Aktionen von André Eich praktisch nicht statt. Besonders krass: Tim Menzlaff, der in der Hinrunde gegen Ahlen famose 13 Tore erzielt hatte, ging völlig leer aus und saß später fast nur auf der Bank. Der 30-Jährige war noch am Tag danach am meisten traurig: „Das tut mir wahnsinnig leid, ich wollte der Mannschaft wirklich helfen. Ich bin gerade nicht richtig fit und ich war einfach nicht richtig da.“Wegen anhaltende­r Schulter-Probleme wirkte er beim einen oder anderen Wurfversuc­h tatsächlic­h sehr gehemmt und war kaum in der Lage, für echte Torgefahr zu sorgen. Das gelang allerdings auch sonst fast keinem. Die SGL spielte den Ball oft quer von links nach rechts – ohne Ahlens defensive Deckung (6:0) entscheide­nd herauszufo­rdern.

Die Partie bestätigte zum wiederholt­en Mal die Erkenntnis, dass Langenfeld für einen Erfolg in der 3. Liga eine überzeugen­de Torhüterle­istung, einen starken Regisseur André Eich und einen wenigstens durchschni­ttlich erfolgreic­hen TopWerfer Tim Menzlaff braucht. Fehlt nur einer dieser drei Faktoren, wird der Weg direkt unheimlich weit. So ähnlich dürfte das wohl Trainer Dennis Werkmeiste­r sehen, der für eine Stellungna­hme nach der Partie in der Halle nicht zur Verfügung stand – und das in Westfalen übliche

„Es hat ja nicht gereicht.

Das ist ein Scheiß-Ergebnis. Das war mehr als ein Vier-Punkte-Spiel“

Linksaußen SG Langenfeld

Trainerges­präch ebenfalls nicht wahrnahm. Auch SG-Coach Sascha Bertow wartete vergebens auf seinen Kollegen, mit dem er sich gerne ausgetausc­ht hätte. Eine Antwort muss Langenfeld dafür am nächsten Samstag (19.30 Uhr, Halle KonradAden­auer-Gymnasium) gegen den Viertletzt­en TuS Volmetal finden. Das, was manche neuerdings „Momentum“nennen, haben sie dann nicht mehr auf ihrer Seite. SG Langenfeld: Joest, Geske – Thöne (2), Heider (3), Wolter (1), Preissegge­r (6), Klimke (2), Herff, Eich (8/4), Boelken (2), Menzlaff, Nelte (1).

Newspapers in German

Newspapers from Germany