Rheinische Post Langenfeld

Saphir-Jubiläum für die Queen

- VON JOCHEN WITTMANN

Elizabeth II. bestieg heute vor 65 Jahren den britischen Thron und ist die dienstälte­ste Monarchin der Welt. Immer noch nimmt sie mehr als 300 Termine im Jahr wahr. Ein Rücktritt kommt nicht in Frage: einmal Königin, immer Königin.

LONDON Sie selbst wird den Tag wie jeden anderen beginnen: mit einer Tasse Tee und einem Teller Haferplätz­chen, pünktlich morgens um halb acht. Queen Elizabeth II. feiert heute den 65. Jahrestag ihrer Thronbeste­igung, aber nach Feiern ist ihr nicht zumute. Heute empfängt sie keine Gäste und unternimmt keine Staatsakte. Sie verbringt den Tag auf ihrem Landsitz Sandringha­m, wie die Adelsexper­tin Ingrid Seward weiß, „in stiller Besinnung“. Denn „Accession Day“, der Tag, an dem sie Königin wurde, ist zugleich der Sterbetag ihres Vaters, König George VI. Den will die Queen gewiss nicht feiern.

Doch ganz so einfach lässt sich dieser Tag nun auch wieder nicht übergehen. Im Königliche­n „Green Park“in London ziehen mittags die Soldaten der „King’s Troop Royal Horse Artillery“auf und feuern 41 Schuss Salut. Auch in anderen Landesteil­en wird ihr offiziell gehuldigt. Die „Royal Mint“hat eine Reihe von Gedenkmünz­en geschlagen, darunter eine goldene Fünf-Pfund-Münze, für die man 1945 Pfund, umgerechne­t 2250 Euro, auf den Tisch legen muss. Immerhin ist es eine Rekordzeit auf dem Thron, mehr als jedes andere gekrönte Haupt der über 50 Monarchen in der rund tausendjäh­rigen Geschichte des britischen Könighause­s geschafft hat. Die bisherige Rekordhalt­erin Victoria hatte Elizabeth schon am 9. September 2015 übertroffe­n, als sie genau 63 Jahre und 216 Tage auf dem Thron saß. Am heutigen Montag sind es 65 Jahre geworden, ein sogenannte­s Saphir-Jubiläum, und damit ist die Queen die dienstälte­ste Monarchin auf der Welt.

Ihren 90. Geburtstag hat die Queen im letzten April gefeiert, und sie ist immer noch rüstig. Zwar gab es zu Weihnachte­n und an Neujahr Alarm, als Elizabeth nicht wie sonst immer zum Gottesdien­st in der Church of St. Mary Magdalene in Sandringha­m erschien: Eine schwere Erkältung hatte sie ans Bett gefesselt. Mittlerwei­le ist sie wieder vollständi­g gesundet und zurück im Dienst. Auch als 90-Jährige absolviert sie immer noch ein mehr oder weniger volles Programm. Zwar wird sie von den anderen Mitglieder­n im Könighaus, allen voran Thronfolge­r Prinz Charles, entlastet und besonders was Auslandsre­isen angeht, springen heute die jüngeren Royals ein, weil man der Monarchin keine anstrengen­den Übersee-Trips zumuten will. Doch zuhause im eigenen Königreich kennt die Queen kein Ausruhen. Allein im vergangene­n Jahr hat sie 322 offizielle Termine wahrgenomm­en. Der Hof versucht, ihr den Job etwas zu erleichter­n, indem man Auftritte so plant, dass die Fußwege für die 90-Jährige kurz sind und sie keine Stufen mehr steigen muss.

Aber an einen Rückzug aufs Altenteil will die Queen nicht denken. An ihrem 21. Geburtstag hatte sie in ihrer ersten großen öffentlich­en Rede ein erstaunlic­hes Gelöbnis gemacht: „Ich erkläre vor euch“, versprach sie ihren Zuhörern, „dass mein ganzes Leben, sei es kurz oder lang, dem Dienst an euch und dem Dienst an der großen imperialen Familie gewidmet sein wird.“Gemeint damit war der Commonweal­th, der lose Staatenver­bund ehemaliger britischer Kolonien. Gemeint damit war auch: ihr ganzes Leben, und nicht nur das bis zur Rente. Sie wiederholt­e diese Verpflicht­ung 1953 bei ihrer Inthronisi­erung mit dem Krönungsei­d: „Alles, was ich hier versproche­n habe“, bestätigte Elizabeth, „werde ich ausführen und erhalten. So wahr mir Gott helfe.“Für sie war es ein Verspreche­n vor Gott, das nicht gebrochen werden kann. Einmal Monarch, immer Monarch, bis zum Ende.

Das bedeutet, dass ihr Sohn, Thronfolge­r Prinz Charles, noch warten muss. Die Mutter der Queen wurde 101 Jahre alt, da könnte es für den mittlerwei­le auch schon im Pensionsal­ter von 68 Jahren stehenden Charles noch etwas dauern, bevor er drankommt. Aber König wird er auf jeden Fall. Denn eine Abdankung zugunsten von Charles’ Sohnes William, wie manchmal spekuliert wird, kann es schon allein deswegen nicht geben, weil das die „Raison d’être“der Monarchie untergräbt. Diese Institutio­n beruht auf der unbedingte­n Gültigkeit der Thronfolge – wer daran herumflick­t, riskiert das System.

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FOTOS: DPA Ihr Leben – sei es kurz oder lang – wollte die junge Königin stets dem Dienst am Commonweal­th widmen.
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Einen Rücktritt der 90-Jährigen schließen Beobachter aus. Thronfolge­r Charles ist aber auch schon 68 Jahre alt.

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