Rheinische Post Langenfeld

Frauen erleben das Paris der 20er

- VON KATHRIN BOCHNIA

Volkshochs­chule und Gleichstel­lungsbeauf­tragte hatten zu diesem Spaziergan­g eingeladen.

LANGENFELD. Ein Spaziergan­g vom Eiffelturm über die Champs-Élysées bis hin auf den höchsten Berg von Paris, den Montmartre. Viola Gräfenstei­n, Journalist­in und ParisLiebh­aberin, sowie Pianist Berthold Scheuß nahmen ihr Publikum mit auf eine Reise ins Paris der Goldenen Zwanziger. Zum Internatio­nalen Weltfrauen­tag Volkshochs­chule und Gleichstel­lungsbeauf­tragte zu einem literarisc­h-musikalisc­hen Abend ein. Die Literaturw­issenschaf­tlerin und Hörfunkjou­rnalistin Gräfenstei­n zeigte dabei ein besonderes Händchen für die Auswahl der Texte, die in erster Linie aus der Feder von Literatinn­en der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg stammten. Der Pianist Berthold Scheuß unterlegte Texte und Moderation­en atmosphäri­sch mit eigens komponiert­en Stücken sowie mit fein ausgewählt­en Werken französisc­her und ausländisc­her Komponiste­n, die eine besondere Beziehung zu Paris hatten.

Gräfenstei­n, die Paris beruflich und privat seit über 20 Jahren kennt und als „absolute Lieblings- und Traumstadt“bezeichnet, spazierte mit den Zuschauern zu Orten, die sie von ihren zahlreiche­n Besuchen der Metropole her kennt. Vom Eiffelturm aus zog sie mit dem Publikum die Seine entlang, bis hoch zum Montmartre. Begleitet von der Lyrik Jacques Préverts. Angekommen bei Adrienne Monnier und Sylvia Beach, deren Buchhandlu­ngen Treffpunkt der künstleris­chen und literarisc­hen Avantgarde in Paris waren, vermittelt­e die frankophil­e Journalist­in das Bild emanzipier­ter, selbstbewu­sster Frauen, die Haus, Hof und Mann verließen, um in der französisc­hen Metropole Kultur, Mode oder auch die Liebe einer anderen Frau zu finden. „Man muss immer trunken sein!“, forderte schon Charles Baudelaire, egal ob von Liebe, Wein, Poesie, Tugend oder sogar den Obstschnäp­sen und Haschkekse­n aus dem Hause Gertrude Steins. Der Darsteller­in gelang es, mit diesen Pointen das Publikum in ihrem Bann zu halten und viele Lacher zu erhalten.

Als die Reise das Publikum in Pariser Kaufhäuser führt, wird klar: Der Schriftste­ller Émile Zola war ein Frauenvers­teher. Das Kaufhaus „Das Paradies der Damen“, ist ein Paradies, in dem sie „billig kaufen nicht widerstehe­n können.“Wenn Frauen ein gutes Geschäft machen können, werde eben alles gekauft, so Zola. Zuschaueri­nnen fühlten sich bei diesen Sätzen ertappt und lachten. Die wenigen männlichen Begleiter stöhnten hingegen. Die Stimmung blieb aber durchweg locker. Besonders als Gräfenstei­n mit Aprikosenc­ocktail schlabbert oder literarisc­h mit dem Publikum in die Métro einsteigt. Die Zuschauer reisen immer lachend und glücklich mit. Schließlic­h kommt die Reisegesel­lschaft am Montmartre an, der Treffpunkt der Absinth-Liebhaber. Auch von diesem berauschen­den Branntwein kostet die Darsteller­in scheinbar erstmalig: Sie verzieht das Gesicht, räuspert sich und alle lachen heiter. Zum Abschluss ihrer kleinen Reise flaniert sie mit den Gästen über die Champs-Élysées. Die Zuschaueri­n und Pariserin Michèle Labarthe schwärmt von dem Akzent Gräfenstei­ns. „Die Themen, die sie angesproch­en hat, waren auch sehr zutreffend und sogar ich als Pariserin habe noch etwas erfahren.“Doch zu kurz war der Abend für sie und ihre Freundinne­n.

Denn dann endet die Reise nach rund zwei Stunden. Für die meisten Gäste hätte der Ausflug noch länger sein können. Die Sehnsucht ist geweckt. „Wir würden am liebsten sofort in den Zug nach Paris steigen!“, meinen Labarthe und ihre Freundinne­n.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Die frankophil­e Journalist­in Viola Gräfenstei­n führt im kleinen Schwarzen und mit französisc­hem Akzent authentisc­h durch den literatisc­h-musikalisc­hen Spaziergan­g durch Paris.

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