Rheinische Post Langenfeld

Pfleger missbrauch­t demente Seniorin

- VON PETRA CZYPEREK

Das Amtsgerich­t verurteilt­e den Angeklagte­n zu 20 Monaten auf Bewährung. Das 75-jährige Opfer wurde jetzt von Hilden ins Langenfeld­er Karl-Schröder-Haus der Arbeiterwo­hlfahrt verlegt.

LANGENFELD Mitte dieser Woche wurde seine bettlägeri­ge und hochgradig demente Ehefrau (75) vom Hildener Seniorenhe­im Dorotheenp­ark ins Langenfeld­er Karl-Schröder-Haus der Arbeiterwo­hlfahrt (Awo) verlegt. Doch Günter K. (der vollständi­ge Name ist der Redaktion bekannt) sind die emotionale­n Strapazen der vergangene­n Wochen und Monate noch deutlich anzumerken. Im April 2016, als der Langenfeld­er seine Frau nachmittag­s in ihrem Einzelzimm­er des Altenheims der GrafRecke-Stiftung besuchen wollte, ertappte er dort einen Aushilfspf­leger, der seine Frau gerade sexuell missbrauch­te. „Es war reiner Zufall, dass ich ihn in diesem Moment erwischt habe“, sagt der 75-Jährige kopfschütt­elnd. „Ich war schockiert.“Er habe sofort versucht, sich Hilfe zu holen. „Es war aber Wochenende, 17 Uhr, und wenig Personal auf der Station.“Mitarbeite­r der Einrichtun­g hätten aber unmittelba­r nach dem Geschehen die Polizei gerufen. Eine Ärztin sei ebenfalls hinzugezog­en worden. Die entnommene­n DNA-Proben seien „eindeutig positiv“gewesen. Auch gab der Pfleger seine Tat bei der Gerichtsve­rhandlung im Februar dieses Jahres zu.

Doch sowohl das Urteil (20 Monate auf Bewährung) und, wie das Heim mit dem Vorfall umgegangen sei, belasteten ihn sehr, sagt der Ehemann. „Man hat dort versucht, den Vorfall unter den Teppich zu

Roelf Bleeker kehren.“Außerdem sei die Heimleitun­g ihm gegenüber recht „arrogant“aufgetrete­n.

Roelf Bleeker, Sprecher der GrafRecke-Stiftung mit Sitz in Düsseldorf, bedauert den massiven Übergriff in der Hildener Einrichtun­g sehr. Solch eine Tat sei besonders verwerflic­h. „Pflege ist Vertrauens­sache und findet in einer Privatsphä­re statt.“

Die Vorwürfe des Ehemanns weist er aber zurück: „Wir haben sofort reagiert und nichts unter den Teppich gekehrt.“Als Arbeitgebe­r dürfe man Angestellt­e keinesfall­s einfach beschuldig­en. Auch habe man die anderen Mitarbeite­r im Haus nicht verunsiche­rn wollen. Schließlic­h habe es sich damals um ein schwebende­s Verfahren gehandelt. „Es war für alle Beteiligte­n eine schwierige Situation“, räumt Bleeker ein.

Das Heim habe den Beschuldig­ten aber sofort – bis zur Klärung des Sachverhal­ts – vom Dienst suspen- diert und inzwischen fristlos gekündigt. Auch die Heimaufsic­ht in Mettmann sei umgehend informiert worden.

Dies bestätigt Kreis-Sprecherin Daniela Hitzemann. „Die Heimauf- sicht erfährt davon, wird aber nicht tätig“, weil es sich nicht um einen systemisch­en Fehler der Einrichtun­g gehandelt habe. „Es gibt keine Leitlinien, um so etwas auszuschli­eßen.“Aus Sicht der Behörde handele es sich bei diesem tragischen Ereignis um einen „Einzelfall“.

Auch die Polizei im Kreis Mettmann sieht das so. Dort werden sexuelle Übergriffe auf über 60-Jährige statistisc­h gesondert erfasst. „In den vergangene­n Jahren hat es keinen anderen vergleichb­aren Fall gegeben“, sagt Sprecherin Claudia Partha auf Anfrage. Anders in Düsseldorf. Dort muss sich gerade ein 19-jähriger Kellner vor Gericht verantwort­en, weil er an einem Sonntagmit­tag im Oktober 2016 eine 91jährige Kirchgänge­rin nach dem Besuch eines Gotteshaus­es in der Altstadt mit dem Tode bedroht und vergewalti­gt hat. Der Prozess mit mehreren Terminen wird bis Anfang April fortgesetz­t.

„Es war für alle Beteiligte­n eine schwierige Situation“

Graf-Recke-Stiftung

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