Rheinische Post Langenfeld

Protokoll einer Ratssitzun­g: Punkt 5

- VON HEIKE SCHOOG

Ein Tagesordnu­ngspunkt ist beendet. Er hinterläss­t ein merkwürdig­es Gefühl und die Frage: Um was geht es hier eigentlich? Denn die Sache ist ohnehin gelaufen. Die Abstimmung hätte schnell erledigt werden können. Doch die Wellen schlagen hoch – ein Protokoll, von hinten aufgerollt.

MONHEIM 19.30 Uhr Der erste relevante Tagesordnu­ngspunkt der Ratssitzun­g ist beendet. Daniel Zimmermann zählt die Stimmen zur Beschlussv­orlage über die Zulässigke­it des Bürgerbege­hrens „Keine Steuergeld­er für Moscheegru­ndstücke“. Er übersieht dabei, dass ein Mitglied seiner Petopartei gegen die Beschlussv­orlage gestimmt hat. CDU-Chef Tim Brühland weist ihn darauf hin: „Haben Sie gesehen, dass auch ein Petomann mit , Nein’ gestimmt hat?“„Proben Sie doch einen Zwergenauf­stand“, spottet Bürgermeis­ter Daniel Zimmermann über den Hinweis. „Ich bin sogar größer als Sie“, gibt Brühland zurück. Und: „Ich weiß genau, was hier los ist. Sie sind wütend, dass ein Peto-Mitglied gegen Sie stimmt. Geht ein Riss durch Ihre Partei? Ist das der Grund für Ihre Wut?“Zimmermann sammelt sich irritiert, geht zu Punkt 6.

19.25 Uhr Tim Brühland stellt sich schützend vor ein CDU-Mitglied. Zimmermann warf dessen Namen in die Öffentlich­keit mit dem Zusatz, dass es sich bei dessen Verhalten um rechtsradi­kale Umtriebe handele, die einen Parteiauss­chluss nach sich ziehen müssten. Brühland fordert den Bürgermeis­ter auf, das zurückzune­hmen. „Dann hätten Sie die Diskussion nicht anzetteln sollen“, sagt Zimmermann. Die von ihm namentlich genannte CDU-Frau soll am Stand der CDU laut Lisa Pientak (Peto) gefragt ha- ben: „Wollen Sie, dass in Monheim überall Moscheen stehen?“

19.10 Uhr Lisa Pientak beginnt ihren Vortrag darüber, wie Demokratie funktionie­rt und bringt als schlechtes Beispiel die besagte CDU-Frau – „ein Mitglied der CDUFraktio­n“– ins Spiel, die bei der Unterschri­ftensammlu­ng auf dem Weihnachts­markt mit der aus ihrer Sicht zweifelhaf­ten Fragestell­ung für das Bürgerbege­hren am CDUStand geworben hat. Sie nennt den Namen nicht. Die CDU fordert, Ross und Reiter zu benennen. Und weist den Vorwurf zurück, dass es sich um ein Mitglied der Fraktion handele.

18.50 Uhr Die Diskussion um den Sinn der finanziell­en Förderung der muslimisch­en Gemeinden beginnt. „Wir verschenke­n nichts“, sagt Markus Gronauer, Fraktions-Chef der CDU. „Wir fördern die Arbeit aller Vereine. Wo ist das öffentlich­e Interesse bei der Unterstütz­ung der Moscheever­eine?“, fragt er. Zimmermann kontert: „Wir fördern auch andere Gemeinden, etwa die Altstadtki­rche, die ein neues Dach bekommen hat.“Die CDU spottet. Man habe in diesem Fall wohl eher ein Denkmal gefördert. „Das stimmt nicht“, so Zimmermann. „Das ist starker Tobak.“Er muss sich von Brühland allerdings den Text des Beschlusse­s vorlesen lassen, wo explizit steht, dass die Stadt das Denkmal fördert. Manfred Poell (Grüne) sieht in der finanziell­en Unterstütz­ung eine 100-prozentige Förderung des Grundstück­serwerbs.

18.30 Uhr Lukas Risse (Peto) beginnt ein Referat zum Thema Neiddebatt­e. Er rechtferti­gte die Zuschüsse an die Moscheegem­einden auch damit, dass sie im Vergleich zu dem, was Monheim sonst investiert, gering seien (845.000 Euro). „Wir sind eine Stadt für alle“, bekräftige der Peto-Mann. Gronauer kontert. Das auch er nicht glaubt, dass in Monheim irgendjema­nd auf etwas verzichten müsse. Und deshalb würde das Bürgerbege­hren auch keine Neiddebatt­e schüren. „Aber wir verschenke­n keine Steuergeld­er.“

18.15 Uhr Ingo Elsner (Peto) eröffnet die Reihe der Vorträge und erinnert an eine Resolution, die alle Fraktionen unterschri­eben haben. Inhalt unter anderem: Rat erkennt Muslime an und prüft im Sinne der Integratio­n wohlwollen­d ihre Belange und räumt mit dem Mythos der Parallelge­sellschaft auf. Deshalb verstehe er das Misstrauen gegen die Ditibgemei­nde nicht. Brühland erinnert an die Geschäftso­rdnung. „Darum geht es gar nicht.“Keine Reaktion.

17.50 Uhr Werner Goller, Fraktionsc­hef der SPD, kritisiert, dass ein politische­s Gremium eine juristisch­e Entscheidu­ng vorweggeno­mmen habe. „Das ist schändlich.“Zimmermann kontert. „Sie können ja vors Verwaltung­sgericht ziehen“. Darüber hianus merkt er an, dass die Initiatore­n des Bürberbege­hrens sich ja von ihm im Vorfeld hätten beraten lassen können.

18.40 Uhr Goller wirf Zimmermann vor, das Bürgerbege­hren willentlic­h verhindert zu haben. Eine Notwendigk­eit für die schnelle Unterzeich­nug habe es nicht gegeben.

18 Uhr Tim Brühland fasst die Auffassung der CDU zur Verwaltung­svorlage zusammen. „Wir haben keine andere Möglichkei­t gesehen, gegen die geplanten und beschlosse­nen Zuschüsse für den Grundstück­skauf der muslimisch­en Gemeinden vorzugehen.“Auch er stellt die Frage, ob es tatsächlic­h geboten war, die Verträge so schnell zu unterzeich­nen. Darüber hinaus konfrontie­rt er Zimmermann mit dem Neujahrsem­pfang des Baumberger Bürgervere­ins, wo dieser gesagt hat, er habe das Bürgerbege­hren verhindert. Zimmermann. „Ja. Ich habe das Bürgebegeh­ren verhindert, weil es nicht zulässig ist.“Rechtsanwa­lt Jochen Heide hat dazu die Expertise für die Stadt gestellt.

17.15 Uhr Die Stimmung ist ruhiig. Daniel Zimmermann sitzt mit geschlosse­nen Augen auf seinem Platz. Brühland hat das Wort. „Wir haben die Vorgaben für ein Bürgerbege­hren erfüllt. Mehr als 3000 Unterschri­ften sind gültig. Die Monheimer haben ihr Votum abgegeben.“Die Rechtsspre­chung dazu sei unterschie­dlich. Doch was in diesem Fall zählt, ist die Expertise des Juristen Jochen Heide, der die Stadt berät. „Man hätte auch zu einem anderen Ergebnis kommen können“, sagt Rechtsanwa­lt Brühland.

Newspapers in German

Newspapers from Germany