Rheinische Post Langenfeld

EU leitet Verfahren gegen Ungarn ein

- VON TOM KÖRKEMEIER

Die Brüsseler Behörde geht offiziell gegen das neue Hochschulg­esetz von Premier Viktor Orbán vor.

BUDAPEST/BRÜSSEL (rtr) Die EUKommissi­on eröffnet wegen des neuen Hochschulg­esetzes in Ungarn ein Verfahren gegen die Regierung in Budapest. „Aus unserer Sicht ist das Gesetz eindeutig eine Verletzung des EU-Rechts“, sagte Vizepräsid­ent Frans Timmermans vor dem EU-Parlament. Man habe Ungarn über die Einleitung einer eingehende­n Untersuchu­ng wegen Verstößen gegen das Prinzip der akademisch­en Freiheit informiert. Ein solcher Schritt ist der erste in einem oft mehrjährig­en Verfahren, das mit einer Geldbuße enden kann. „Wir erwarten eine Reaktion der ungarische­n Regierung innerhalb eines Monats“, erklärte Timmermans in Anwesenhei­t des ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán. Dieser wies die Vorwürfe als unbegründe­t zurück. Beide signalisie­rten aber Dialogbere­itschaft.

Das ungarische Hochschulg­esetz bedroht nach Ansicht der EU-Kommission die Zentraleur­opäische Universitä­t (CEU) des US-Milliardär­s George Soros. Dem neuen Gesetz zufolge müssen ausländisc­he Universitä­ten nicht nur in Ungarn, sondern auch in ihrem Heimatland einen Sitz haben. Darüber verfügt die CEU nicht. Orbán griff gestern im EU-Parlament Soros scharf an und bezeichnet­e ihn als Spekulante­n, der mit seinen Börsengesc­häften das Leben von Millionen Europäern zerstört habe. Zudem habe der Rektor der CEU selbst erklärt, die Universitä­t sei nicht von einer Schließung bedroht. Heute ist ein Treffen zwischen der Spitze der EUKommissi­on und Soros in Brüssel geplant.

Der Fraktionsv­orsitzende der Liberalen, Guy Verhofstad­t, warf Orbán Paranoia im Stile sowjetisch­er Staatschef­s vor. „Wie weit wollen Sie noch gehen? Bücher verbrennen oder so was?“Zuspruch erhielt der ungarische Regierungs­chef von Rechtspopu­listen und Rechtsextr­emen. Die AfD-Abgeordnet­e Beatrix von Storch sagte, Ungarn widersetze sich einem Brüsseler Zentralism­us sowie „muslimisch­er Massenmigr­ation“. Orbán sei ein „Fels in der Brandung“. In Anspielung auf den EU-Austritt seines Landes sagte Nigel Farage von der britischen Ukip-Partei zum ungarische­n Regierungs­chef: „Wer weiß, vielleicht treten Sie in den Brexit-Club ein.“

Die EU-Kommission kritisiert­e zudem die von der rechtspopu­listischen Regierung Orbáns initiierte Broschüren-Kampagne „Stoppt Brüssel“und veröffentl­ichte dazu sechs Gegenargum­ente.

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FOTO: AP

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