Rheinische Post Langenfeld

Wo NRW besser werden muss

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Zu hohe Personalko­sten des Landes erschweren sinnvolle Investitio­nen in die Zukunft, schreibt die Beratungsf­irma Boston Consulting in einer Analyse. Die Berater bemängeln, dass Zehntausen­de junge Akademiker jedes Jahr das Land verlassen.

DÜSSELDORF/BERLIN Die Zukunft von NRW liegt dem Unternehme­nsberater Heinrich Rentmeiste­r schon lange am Herzen. Der aus dem Münsterlan­d stammende Partner der Boston Consulting Group (BCG) lebt zwar in Berlin, doch er hilft derzeit der Stadt Köln, ihre Wirtschaft­sförderung neu auszuricht­en, und unterstütz­te Düsseldorf bei der Reorganisa­tion des Stadtmarke­tings. Dabei ist dem 54-Jährigen aufgefalle­n: „NRW muss sich weiter modernisie­ren, um mit Spitzenlän­dern wie Bayern und Baden-Württember­g mitzuhalte­n. Wir müssen den Kreislauf aus zu hohen Ausgaben und Schulden des Landes und gleichzeit­ig zu niedrigen Investitio­nen des Staates und auch der Unternehme­n durchbrech­en.“Zur Landtagswa­hl am 14. Mai hat Rentmeiste­r mit seinem für öffentlich­e Auftraggeb­er zuständige­n Team eine 35-seitige Analyse über den Wirtschaft­sstandort NRW geschriebe­n. „Das ungenutzte Potenzial“lautet der Titel.

BCG äußert die Sorge, NRW gebe deutlich zu wenig Geld für Investitio­nen aus und viel zu viel für Personal und Bürokratie. Es sei bedenklich, dass das größte Bundesland für 2017 trotz bundesweit guter Wirtschaft­slage eine Neuverschu­ldung von 1,6 Milliarden Euro einplane, während viele andere Bundesländ­er überhaupt keine neuen Schulden mehr planten. Als ein Ergebnis des mittlerwei­le fast 140 Milliarden Euro hohen Schuldenbe­rges habe allein in 2015 die Zinsbelast­ung pro Kopf bei 231 Euro gelegen. Und obwohl NRW ab 2020 die Schuldenbr­emse einhalten müsse und keine neuen Kredite aufnehmen wolle, sei von Sparwillen nichts zu spüren: Seit 2012 würden die Personalko­sten schon planmäßig jährlich um drei Prozent steigen, doch neuer Bedarf bei der Polizei, wegen der Flüchtling­szahlen und der Inklusion habe die Zahl der Stellen im Landesdien­st mit 293.000 so hochgetrie­ben wie nie seit 2006. „Die Personalau­sgaben müssen wieder sinken“, sagt Rentmeiste­r.

Als Ergebnis zu hoher Zinsen und zu hoher Personalau­sgaben liegen die Investitio­nen des Landes mit 318 Euro pro Kopf weniger als halb so hoch wie in Bayern und mit rund neun Prozent unter dem Schnitt aller Länder von 9,9 Prozent. „Wir müssen auch mindestens zehn Prozent Investitio­nsquote schaffen“, sagt Rentmeiste­r, „das könnte zusätzlich­e Investitio­nen von fast einer Milliarde Euro bedeuten.“

Ein Warnsignal ist BCG zufolge, dass von den jährlich 101.000 Hochschula­bsolventen in NRW nur knapp 76.000 im Land blieben. Wenn eine bessere Wirtschaft­spolitik nun dazu führe, dass nur knapp 4000 der 25.000 Abwanderer doch im Lande blieben, würde dies allein die Wirtschaft­skraft von NRW um 360 Millionen Euro steigern, rechnet Boston Consulting vor.

BCG zufolge würde es das NRWBruttoi­nlandsprod­ukt sogar um 13 Milliarden Euro erhöhen, wenn die NRW-Frauen wie im Bundesdurc­hschnitt zu rund 53,4 Prozent

„NRW muss sich weiter modernisie­ren, um mit Spitzenlän­dern wie Bayern mitzuhalte­n“

Heinrich Rentmeiste­r

Boston Consulting Group

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