Rheinische Post Langenfeld

Aldi serviert Drei-Gänge-Menüs

- VON TANJA KARRASCH

In Schiffscon­tainern im Kölner Mediapark eröffnet der Discounter heute sein erstes Pop-Up-Bistro. Gekocht wird mit Produkten nur aus dem eigenen Sortiment. Damit reagiert Aldi nach Expertenme­inung auch auf sinkende Marktantei­le.

KÖLN Zur Vorspeise gibt es eine beschwipst­e Tomatensup­pe, dann die Fischpfann­e Provencale. Oder dürfen es Gnocchi in Parmesancr­eme mit Hühnchen und Rucola sein? Der süße Abschluss: Panna Cotta mit Limette und Basilikum. Die Einrichtun­g versprüht Industrie-Charme, der Blick schweift über den künstlich angelegten See am Mediapark in Köln. Das klingt nach einem schicken Etablissem­ent? Ist es aber nicht: Dieser Ort ist ein Schiffscon­tainer. Der Gastgeber heißt Aldi.

Und Aldi ist hier alles – wenn auch „zurückhalt­end gebranded“, wie es die Marketingl­eiterin beschreibt: Die Seife auf der Toilette. Die Petersilie­n- und Basilikumt­öpfe auf den dunklen Holztische­n. Die leeren Weinflasch­en, die an der Pendelleuc­hte über dem Tisch nun als Dekoelemen­t dienen. In drei Monaten wird das alles nicht mehr da sein, dann zieht das Pop-up-Bistro weiter in eine andere Stadt. Wohin, wird noch nicht verraten.

Aldi Süd hat jedoch nicht vor, in die Gastronomi­e einzusteig­en, heißt es. Viel mehr steckt hinter dem Angebot ein Experiment – und eine ausgefeilt­e Marketing-Strategie. „Wir wollen Konsumente­n unsere Kernwerte näherbring­en“, erklärt Sandra-Sibylle Schoofs, Marketingl­eiterin bei Aldi Süd. Und die lauten: Qualität zu günstigen Preisen.

Vor allem junge Stadtmensc­hen sollen sich dadurch angesproch­en fühlen: die Studenten der gegenüberl­iegenden Privathoch­schule, die Mitarbeite­r der Firmen am Mediapark oder Kinobesuch­er. Acht Euro kostet das Drei-Gänge-Menü, das ausschließ­lich aus Aldi-Produkten vor Ort gekocht und dann am Tisch serviert wird. Das Menü wechselt täglich. Die Rezepte hat der Wuppertale­r TV-Koch Robert Marx entwickelt. Sie können zuhause nachgekoch­t werden.

Mit einem Discounter, bei dem es vor allem um günstige Preise geht, hat das nicht mehr viel zutun. Und das Bistro ist nicht das erste Angebot dieser Art: In Düsseldorf bot der Discounter zuletzt Weinproben an, als Designerin Jette Joop eine AldiKollek­tion entwarf, gab es eine Fashion-Show. Auch Konkurrent Lidl macht im vergangene­n Jahr mit einem Pop-up-Store auf sich aufmerksam und verkaufte die Textilien der Eigenmarke Esmara auf Hamburgs Edel-Einkaufsme­ile zwischen Luxusmarke­n wie Gucci und Chanel.

Die Discounter reagieren damit auf die steigende Konkurrenz durch Mitbewerbe­r wie Rewe oder Edeka: „Es reicht heute nicht mehr aus, ein- fach nur günstiger zu sein, denn die Supermärkt­e bieten längst ebenfalls ein Discounter­sortiment an“, sagt Gerrit Heinemann, Handelsexp­erte von der Hochschule Niederrhei­n. Die Antwort der Discounter: Sie versuchten, „supermarkt­ähnlicher“zu werden, so Heinemann. .

Für Aldi und Co. sei Deutschlan­d nach wie vor wichtigste­r Markt, sagt der Experte: „Doch hier ist der Zenit erreicht, der Marktantei­l geht zurück.“In Zeiten der Stagnation setzt Aldi daher auf höherwerti­ge Eigenmarke­n, Sortiments­ausweitung­en im Obst- und Gemüseange­bot, mehr Service oder das Bistro. „Keine schlechte Idee“, findet Heinemann.

Marketingl­eiterin Schoofs nimmt Veränderun­gen vor allem im Kaufverhal­ten wahr: „Der Konsument ist sehr viel anspruchsv­oller geworden.“Die jüngere Generation sei beim Kochen experiment­ierfreudig­er. Darauf will Aldi reagieren. Ob das Bistro beim Publikum ankommt, werden die nächsten Wochen zeigen. Vorerst rechnet Aldi mit 150 bis 200 Menüs pro Tag.

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