Rheinische Post Langenfeld

Borussia hilft nur eine Trotzreakt­ion

- VON KARSTEN KELLERMANN

Nach dem Aus im Pokal soll die Qualifikat­ion fürs internatio­nale Geschäft über die Liga gelingen.

MÖNCHENGLA­DBACH Jannik Vestergaar­d, der baumlange Verteidige­r von Borussia Mönchengla­dbach, kann ziemlich böse gucken. Am späten Dienstagab­end schaute er besonders böse drein, fast zum Fürchten. Vestergaar­d hatte reichlich Grund dazu, denn mit seinen Kollegen hatte er eine für den Klub historisch­e Chance verpasst, verschenkt, verdaddelt, wie man will: den ersten Einzug ins DFB-Pokalendsp­iel seit 1995. Damals holte Gladbach auch seinen letzten Titel. Dabei wird es vorerst bleiben.

7:8 ging das Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt nach Elfmetersc­hießen verloren, wie zuvor 2001, 2004 und 2012 strauchelt­e Gladbach beim letzten Schritt nach Berlin. Dass ein Heimspiel gegen Frankfurt das bestmöglic­he Los war, half da nichts. Seltsam war, wie Gladbach die erste Halbzeit anging: So, als ginge das Ganze die Borussen nichts an. Passiv, ängstlich, staunend, fußballeri­sch am unteren Limit unterwegs. Dass es 1:1 zur Pause stand, war ein Glückfall. Nach dem Seitenwech­sel und in der Verlängeru­ng waren die Borussen besser, aber nicht zielstrebi­g genug. Und im Elfmetersc­hießen gab es zwei Fehlschüss­e, während Frankfurt nur einen hatte. Dass der Ex-Borusse Branimir Hrgota das Final-Tor der Eintracht schoss, passte zum Abend.

Was haben die Borussen alles verpasst: natürlich das Erlebnis Pokalfinal­e. Der Titelchanc­e noch einen Schritt näher zu kommen. Zudem die Chance, sich als Pokalsiege­r direkt für die Europa League zu qualifizie­ren. Diese Gladbacher Generation hätte am Dienstag Geschichte schreiben können. Sie schaffte es nicht. „Es tut weh“, gestand Stürmer André Hahn. Vestergaar­d schwieg. Doch seine Blicke sagten genug.

Vor sechs Wochen waren noch zwei Titel möglich, nun könnte es eine Null-Saison werden. Erstmals seit 2013 könnte Gladbach den Sprung ins internatio­nale Geschäft verpassen. „Das kann auch mal passieren“, stellte Manager Max Eberl klar. Trotzdem: Wenn etwas möglich ist, will man es auch haben. „Die Saison ist ein Wellental der Gefühle. Jetzt gilt es, in den letzten vier Spielen der Bundesliga einen Abschluss zu finden, von dem wir sagen: Ja, wir haben alles versucht. Wir wollen die Saison bestmöglic­h beenden.“Platz sechs ist mit fünf Punkten recht weit weg, aber nicht unerreichb­ar angesichts der wankelmüti­gen Liga. Und bis

Platz sieben, der europa-relevant wird, wenn Frankfurt das Pokalfinal­e verliert, sind es nur drei Punkte. „Wir können es aber nicht aus eigener Kraft schaffen“, weiß Hecking, der auch am Tag nach dem Aus seine Enttäuschu­ng nicht verhehlen konnte und wollte. „Wir sollten aber die Chance, die wir noch haben, nicht leichtfert­ig aufs Spiel setzen“, empfiehlt er gleichwohl positives Denken.

Neun, besser zehn Punkte müssen es aber schon sein, wenn es noch reichen soll. Die Gegner Mainz, Augsburg, Wolfsburg sind im Abstiegska­mpf, Darmstadt wohl abgestiege­n. Einfach und zugleich komplizier­t ist das Restprogra­mm also. Allerdings sind die Borussen personell arg gebeutelt (neun Ausfälle, Oscar Wendt brach sich im Halbfinale den Ellenbogen) und vielleicht mental angeschlag­en. In der Europa League gab es das Aus gegen Schalke mit zwei Unentschie­den, nun der geplatzte Pokaltraum gegen Frankfurt – was macht das mit den Borussen? Wirft es sie entscheide­nd um? Oder gibt es eine Trotzreakt­ion? Nur die würde wirklich helfen. „‘Jetzt erst recht’ – das wäre doch eine gute Überschrif­t für den Rest der Saison“, regte Hahn an.

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FOTO: DPA Jannik Vestergaar­d

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