Russ steht nur ein Jahr nach Krebsdiagnose im Pokalfinale
MÖNCHENGLADBACH (dpa) Michael Hector lief in Boxershorts durch die Katakomben, die vorbereiteten Final-Shirts der Kollegen rochen schnell nach Bier – Marco Russ war dagegen eher der stille Beobachter der ausgelassenen Eintracht-Feierlichkeiten. Der Einzug ins Endspiel des DFB-Pokals war für den 31-Jährigen nach seiner Krebs-Erkrankung wohl noch ein Stück emotionaler als für alle anderen Frankfurter. Und so war er vor allem damit beschäftigt, alle Eindrücke in sich aufzusaugen. „An Fußball habe ich lange Zeit überhaupt nicht gedacht“, sagte der Abwehrspieler der Hessen nach dem 7:6-Sieg im Elfmeter-Krimi im Halbfinale bei Borussia Mönchengladbach. „Es ist noch kein Jahr her, dass ich die Diagnose bekommen habe. Dass ich nun im Endspiel stehe, ist einfach nur Weltklasse.“
Im Viertelfinale gegen Arminia Bielefeld (1:0) hatte Russ schon ein emotionales Comeback gegeben. Am Dienstag war er sogar eine prägende Figur, verhinderte mit dem verwandelten Elfmeter als fünfter Schütze das Ausscheiden. „Das ist wie ein Märchen“, sagte Sportvorstand Fredi Bobic und ergänzte schmunzelnd: „Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass er im Finale ein Kopfballtor macht. Dass er ein Jahr nach dieser schlimmen Diagnose im Pokalfinale steht, ist sicher auch eine Message für viele Menschen.“
Russ war aber nur einer von vielen Eintracht-Helden an diesem Abend, der in die Klub-Historie eingehen wird. Entsprechend feierten die Spieler auf der Rückfahrt nach Frankfurt, erst um halb fünf kamen die müden Helden an. „Wir haben gefightet, wie Adler eben fighten. Dieses Spiel hat so viele wunderbare Geschichten geschrieben“, sagte Bobic.
Zum Beispiel die von Torhüter Lukas Hradecky. Der Finne, schon in den Elfmeterschießen in den ersten beiden Runden und dann auch gegen Hannover und Bielefeld der Erfolgs-Garant, hielt diesmal die Schüsse von Andreas Christensen und Djibril Sow.
„Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass er im Finale ein Kopfballtor macht“
Fredi Bobic
Eintracht-Sportvorstand