Die Karriere nach der Karriere
60 Prozent aller deutschen Olympia-Sportler sind Schüler und Studenten. Was machen sie, wenn ihr sportlicher Weg zu Ende geht? Horst Schlüter hilft 600 Athleten am Olympiastützpunkt Rheinland, sich auf „die Zeit danach“vorzubereiten.
KÖLN Fast hätte Philipp Schwethelm sein Abitur nicht geschafft. Als der Basketballer noch zur Schule ging, stand sein Abschluss auf der Kippe – Training und Spiele der Köln 99ers schluckten zu viel Zeit. Da kam Horst Schlüter ins Spiel. Mit der Schule, den Eltern und dem Nachwuchstalent tüftelte er einen Vorschlag für eine Verlängerung seiner Schulzeit aus. Schulamt und Bezirksregierung stimmten zu, so dass Schwethelm sich nicht zwischen Abitur und Basketball entscheiden musste. Heute spielt der 27-Jährige in der Bundesliga bei den EWE Baskets Oldenburg.
Dass das auch sein Verdienst ist, will Horst Schlüter so nicht sagen. „Dafür ist er zu bescheiden“, meint sein Chef Michael Scharf, Leiter des Olympiastützpunkts Rheinland. Schlüter ist Laufbahnberater, in seinem Büro hilft er Sportlern aus dem Olympiakader, die Karriere neben dem Sport in die richtige Bahn zu lenken. 600 Athleten betreut er mit einer Kollegin in Köln, in NRW sind es insgesamt 1400. Er hilft nicht nur, den passenden Studiengang zu finden. Er schafft auch immer wieder die Strukturen, damit sich die Sportler überhaupt auf „die Zeit danach“vorbereiten können.
Sportler gehen nicht in Ruhestand. Sie entscheiden selbst, wann sie aufhören. Und dann haben die meisten noch eine lange Arbeitszeit vor sich, eine Karriere nach der Karriere. Kunstturnerinnen zum Beispiel, sagt Schlüter, hören mitunter mit Anfang 20 auf. Ausdauersportler haben mit Anfang 30 erst ihren Wettkampfhöhepunkt – dann sind andere schon lange im Beruf.
Rund 60 Prozent der deutschen Athleten im olympischen Sommersport sind Schüler und Studenten. Die restlichen 40 Prozent verteilen sich auf Bundeswehr-Sportler, wenige Landespolizisten und noch weniger Auszubildende. Darum fängt die Beratung schon bei Schulkindern an, sagt Schlüter. Durch die verkürzte Schulzeit haben sie weniger Zeit für Vereinssport. Keine guten Voraussetzungen für Spitzenathleten. Wer mit 14 nicht richtig trainieren kann, kommt mit 20 vielleicht schon an seine Leistungsgrenze. Darum gibt es in NRW 46 Internate und 32 Schulen für Leistungssportler. Aber nicht alle halten, was sie versprechen, meint Michael Scharf. „Draußen mag zwar das Logo der NRW-Sportschule hängen, aber nicht immer wird dieser Titel auch gelebt.“
Auch Eltern sträuben sich oft gegen eine sportliche Karriere ihrer Kinder. „Sie fürchten, dass die Kinder den Abschluss nicht schaffen oder nicht studieren können“, erklärt Schlüter. Zumindest in NRW ist ein Studium für Spitzensportler aber kein Problem. Die Kaderbescheinigung ist die Eintrittskarte für jeden Studiengang – egal, wie das Abi ausgefallen ist. Nur zentral vergebene Studiengänge wie Medizin sind ausgeschlossen. Doch es ist nicht garantiert,