Rheinische Post Langenfeld

Seltene Tierarten sind zurück am Altrhein

- VON BIRGIT WANNINGER

Mehr Natur in der Stadt erleben: Die Stadt hat bereits 30 Kilometer Gewässer renaturier­t, bald sollen weitere Abschnitte folgen. Am Altrhein in Urdenbach sind seltene Fische, Vögel und Pflanzen wieder heimisch geworden.

Das Brennnesse­lfeld war kaum überflutet, da baute eine Woche später ein Blesshuhn sein Nest im Terrain. Das war vor drei Jahren. Inzwischen brüten auch vier HöckerSchw­äne regelmäßig in der Urdenbache­r Kämpe – wo sie hingehören. „Denn sie sind Auen- und keine Parkvögel“, betont Tobias Krause vom Gartenamt. Er ist ganz begeistert von dem, was sich an Fauna und Flora entwickelt hat. Die wiederum können Spaziergän­ger auf neuen Wanderwege­n bewundern. Überall gibt es Natur pur zu sehen.

Vor drei Jahren wurde die Renaturier­ung des Altrheins abgeschlos­sen und der Deich an zwei Stellen geöffnet. „Eine einzigarti­ge Methode, die es in keinem anderen Renaturier­ungsprojek­t in Deutschlan­d gibt“, sagt Michael Süßer vom BUND. Das Wasser hat sich wieder seinen natürliche­n Weg genommen und in ein wertvolles „Flora-Fauna-Habitat-Gebiet“verwandelt. Ebenfalls einzigarti­g.

Bei Überflutun­g saugt sich das Gebiet wie ein Schwamm mit Wasser voll. Die Fachleute glaubten, es dauere Jahre, bis Fische wie Hecht und Schleie wieder ablaichen. Inzwischen sind aber junge Hechte gesichtet worden. Auch die seltene Karausche, eine Karpfenart, könnte in der Kämpe wieder heimisch werden. Dem Steinbeiße­r, einer in NRW sehr selten gewordenen Fischart, ist das bereits gelungen.

In den 50er Jahren wurde die auentypisc­he Hochwasser­dynamik mit Überschwem­mungen eingeschrä­nkt. Damals wurde ein Sommerdeic­h angelegt und der Altrhein begradigt. Der Grund: Wiesenbewi­rtschaftun­g auch während des Sommer-Hochwasser­s.

Dadurch war die Fließgesch­windigkeit viel zu hoch, so dass es für Kleintiere wie Krebse, Larven sowie für Unterwasse­rpflanzen keinen Halt gab. All das hat sich inzwischen geändert. Auf 2,5 Kilometer ist das Niederungs­gewässer wieder hergestell­t. „Und die Natur sucht ihren Weg“, sagt Krause. So ist der seltene Nachtreihe­r wieder heimisch geworden und es gab sogar, darauf ist Krause besonders stolz, erste Brutbeobac­htungen. Eisvögel haben sich vermehrt, es gibt Zwergtauch­er. Sie alle profitiere­n von der Reichhalti­gkeit an Nahrung im Wasser. Der Fischbesta­nd ist gewachsen, und laut Krause gibt es jetzt mindestens zehn mal so viele Frösche – darunter der seltene, kleine Teichfrosc­h, dessen Paarungsze­it im Juni startet. Die Wasserpfla­nzenvielfa­lt hat rapide zugenommen. Die Pflanzen üben eine Reinigungs­kraft aus, das Wasser ist glaslar.

Neben dem Projekt Altrhein hat die Stadt inzwischen an die 30 Kilometer Fluss- und Bachläufe renaturier­t. So ist auf 2,7 Kilometern Länge der Brückerbac­h umgestalte­t. Darüber hinaus gibt es dort vier Fischaufst­iegsanlage­n. „Die sind ein voller Erfolg“, sagt Claus Bode vom Fischereia­mt. Denn es gibt wieder Arten wie die Barbe und die Nase im Brückerbac­h. Das seltene Flussneuna­uge ist erstmalig nachgewies­en und hat sich dort vermehrt.

Von 1986 bis 2013 sind 17 Abschnitte renaturier­t worden. Insgesamt hat sie Stadt rund 30 Kilometer Gewässer ökologisch umgestalte­t, allein zehn an der Düssel. Und es gibt weitere Pläne, wie die Fortsetzun­g der Renaturier­ung des Pillebachs oder die Umgestaltu­ng des Kittelbach­s. Mit den Arbeiten an der südlichen Düssel kann im Spätsommer begonnen werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany