Rheinische Post Langenfeld

Bayer 04 sieht ab jetzt doppelt

- VON DORIAN AUDERSCH

Vor acht Jahren trennten sich die fußballeri­schen Wege von Lars und Sven Bender. Nun kommt es in Leverkusen zur Familienzu­sammenführ­ung. Der Transfer macht aber nicht aus persönlich­en, sondern aus sportliche­n Gründen Sinn.

LEVERKUSEN Bislang war die Situation eindeutig und die Fronten waren geklärt: Der eine spielt in SchwarzGel­b, der andere in Schwarz-Rot. Verwechslu­ngsgefahr bestand zwischen Sven und Lars Bender seit 2009 nicht mehr. Damals trennten sich die Wege der beiden in Rosenheim geborenen Fußballzwi­llinge. Von 1860 München zog es Sven nach Dortmund und Lars nach Leverkusen. Beide setzten sich als junge Spieler allmählich bei ihren jeweiligen Vereinen durch, wurden Stamm- und Führungssp­ieler. Nun finden die beiden 28-Jährigen unterm BayerKreuz wieder zusammen. Für die kolportier­te Ablösesumm­e von 15 Millionen Euro wechselt Sven Bender vom BVB zum Werksklub.

Die auf etwaige Gegner womöglich verwirrend wirkende Ähnlichkei­t der beiden Brüder dürfte wohl kaum Teil des Kalküls gewesen sein, das die Verantwort­lichen im Vorfeld eines solchen Transfers beschäftig­t. Ebenfalls unwahrsche­inlich ist, dass es Sportchef Rudi Völler, Manager Jonas Bold und Trainer Heiko Herrlich darum ging, aus Bayer 04 ab sofort Bender 04 zu machen. Vielmehr schließt der Transfer eine Lücke in der Defensive der Werkself, die durch den Weggang von Ömer Toprak – interessan­terweise nach Dortmund – entstanden ist.

Die langfristi­ge Verletzung von Tin Jedvaj (Haarriss im Schienbein) erhöhte den Handlungsd­ruck. In Aleksandar Dragovic und Jonathan Tah standen plötzlich nur noch zwei gestandene Innen

verteidi- ger einsetzbar. Hinzu kommt Mainz-Rückkehrer André Ramalho. Nun verstärkt Defensivsp­ezialist Sven Bender den Abwehrverb­und. Zwischen Vierer und Dreierkett­e sowie dem zentralen Mittelfeld ist er vielseitig einsetzbar – ebenso wie sein Bruder. Aber nicht nur das eint die beiden 1,85 Meter großen Zwillinge. Sie haben darüber hinaus auch eine sehr ähnliche Spielanlag­e.

„Ich habe mich lange mit ihm unterhalte­n und bin in meiner Ein- schätzung bestätigt worden“, sagt Heiko Herrlich. „Seine Mentalität und sein absoluter Teamspirit machen ihn zu einem idealen Anführer auf und neben dem Platz.“Das sind Eigenschaf­ten, die auf beide Benders gleicherma­ßen zutreffen – kein seltenes Phänomen bei eineiigen Zwillingen. Nicht umsonst ist Lars Bender Kapitän der Werkself. Herrlich nutzt darüber hinaus viele weitere Attribute, bei denen unklar ist, wen von beiden er eigentlich genau meint: „extrem engagiert“, „hochkaräti­g“, „unnachgieb­ig“, „leidensfäh­ig für das Kollektiv“. Es sei jedenfalls „großartig“, beide in einer Mannschaft zu haben.

Bis 2009 spielten sie beim TSV 1860 München in der 2. Bundesliga, ehe die sportliche Trennung folgte. Für ein Team auf dem Platz standen sie höchstens noch bei Länderspie­len – zum Beispiel 2016, als Deutschlan­d die Silbermeda­ille bei den Olympische­n Spielen in Rio gewann. „Nach acht wunderbare­n Jahren in Dortmund war die Anfrage aus Leverkusen ausgesproc­hen reizvoll“, beschreibt Sven Bender seine Motivation, den BVB zu verlassen. „Aus vielen Spielen gegen Bayer 04 weiß ich um die Stärken dieses Vereins. Und ich weiß auch, wie wohl sich Lars hier fühlt.“Der Wechsel, betont er, habe auf sein Bestreben hin stattgefun­den – trotz des Dortmunder Wunsches, ihn halten zu wollen.

224 Pflichtspi­ele bestritt er für den BVB. Er wurde je zwei Mal Meister sowie Pokalsiege­r und stand 2013 im Finale der Champions League, das 1:2 gegen Bayern München verloren ging. „Bayer 04 hat sehr intensiv um mich geworben und mir das Gefühl gegeben, dass man mich unbedingt haben wollte, um ambitionie­rte Ziele zu erreichen. Deswegen wollte auch ich unbedingt. Es ist toll, dass es geklappt hat.“

Der Zugang erfüllt genau die Ansprüche, die Völler als Vorgabe für mögliche Zugänge verlauten ließ. Einen gestandene­n Mann für die Defensive mit Führungsqu­alität wolle Bayer 04 verpflicht­en, kündigte der Sportchef an. „Wir sind froh, dass sich Sven für den Wechsel zu uns entschiede­n hat“, sagt Völler. „Er ist ein außerorden­tlich erfahrener und vielseitig einsetzbar­er Spieler, der in Dortmund zuletzt auf der Innenverte­idigerposi­tion seine Klasse bewiesen hat. Seine Qualität und Führungsst­ärke werden unserer jungen Mannschaft guttun.“Vorbehaltl­ich des erfolgreic­hen Medizinche­cks unterschre­ibt der 28-Jährige beim Werksklub einen bis zum 30. Juni 2021 datierten Vertrag. Ganz ohne Risiko ist die Verpflicht­ung allerdings nicht. Ebenso wie sein Bruder Lars, ist auch Sven Bender in den vergangene­n zwei Spielzeite­n häufig verletzt gewesen – eine unschöne Gemeinsamk­eit. In vielerlei Hinsicht ist es für beide Benders nun ein Neustart in Leverkusen.

Die Werkself bestreitet heute um 17.30 Uhr ihr zweites Testspiel. Gegner in Hollenbach ist der Drittligis­t Würzburger Kickers. Im Heimatort des Ausrüsters Jako wirdBayer0­4erstmalsi­mneuen Heimtrikot auflaufen, d as ab sofort in den Fanshops

und im Internet unter www.shop.bayer04.de erhältlich ist.

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