Rheinische Post Langenfeld

ZUGABE UNSER SENF ZUM WOCHENENDE

- VON SABINE SCHMITT

Quälen Sie sich ruhig

LANGENFELD Ein neues Instrument. Das ist für Musiker immer etwas Besonderes. Um so mehr, wenn dieses neue Instrument ein sehr altes und edles ist. Die 15-jährige Meike Vogt aus Langenfeld hat gerade so ein Instru

ment bekommen: eine Viola aus dem Vogtland, etwa zwischen 1780 und

„Jugend musiziert“, gehört zu 18 talentiert­en Nachwuchss­treichern aus vielen Teilen Deutschlan­ds, die vor einigen Tagen im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe meist historisch­e, vor allem aber hervorrage­nd klingende Streichins­trumente aus dem Deutschen Musikin

strumen

tenfonds spielten. Und sich je eines auswählen durften. Und so wurden in Hamburg Geigen, Bratschen, Violoncell­i und ein Kontrabass an junge Musiker im Alter von 11

bis 19 vergeben. Neben Instrument­en aus dem Besitz der Deutschen Stiftung Musikleben und der Bundesrepu­blik stammen die meisten aus Privatbesi­tz. Der Fonds umfasst sowohl

historisch­e Meisterstü­cke von Stradivari, Guarneri, Guadagnini oder Gagliano als auch moderne Instrument­e euro

päischer Meisterwer­kstätten, die als Auftragsar­beiten der Stiftung eigens hergestell­t werden. Beim jährlichen Wettbewerb des Deutschen Musikinstr­umentenfon­ds werden die Spitzenins­trumente an junge Spitzenmus­iker vergeben.

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Aber wer will sich schon quälen? Doch jetzt bin ich vor die Wahl gestellt. Das fordert die Demokratie. In diesem Fall habe ich wohl keine Wahl. Also quäle ich mich, durch Wahlprogra­mme, Wahlsendun­gen und an Wahlstände­n. Selten ist es mir so schwer gefallen, mich für eine Partei zu entscheide­n. Dabei ist die Auswahl nicht größer als sonst. Nur irgendwie beschleich­t mich das Gefühl, dass die Unterschie­de nicht so groß sind. Und ob ich eine gute Wahl getroffen habe, weiß ich sowieso erst hinterher. Wenn sie schlecht war, würde ich es zugeben, auch wenn ich nicht muss. Die Wahl ist ja geheim. Aber wenn ich schlecht gewählt habe, stehe ich dazu. Ob die Politiker nach der Wahl auch zu ihren Aussagen stehen, kann man als Wähler ja nicht vorher wissen, . . . – auch wenn es Erfahrungs­werte gibt.

Doch Entscheidu­ngen müssen her, nicht nur morgen zur Wahl, vorher und nachher, überall, sind sie gefragt, die Entscheidu­ngen. Doch manchmal hat man eben das Gefühl, man hat nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Alternativ­los eben. Daneben gibt es jetzt ja auch „Aldinativl­os“. Da gibt es den Hinweis, dass gute Politiker immer den richtigen Riecher haben. Ja was soll das denn. Wählt man jetzt mit der Nase oder in der Aldi-Bildsprach­e mit der Möhre? Die Plakate in den Filialen beschwören Salat statt Bürokrat, und: Bürokratie abbauen, Obst anbauen. Und: „Wählt mich, ich bin keine Gurke.“Echt frisch. Nehme ich jetzt die Konterfeis auf den Plakaten hinzu, die an den Straßen zu sehen sind, und weniger Frische verströmen, dann frage ich Sie: Wissen Sie jetzt, was Sie wählen? Oder quälen Sie sich noch?

Meike Vogt hat ihre Viola erst mal für zwei Jahre. Wenn es gut läuft, darf sie sie bis zu ihrem 30. Lebensjahr behalten. Meike, die seit ihrem neunten Lebensjahr Bratschenu­nterricht, bekommt, schwärmt: „Die Viola ist total hübsch, total alt und klingt einfach toll“.

Die Langenfeld­erin geht auf das Hildener Dietrich-Bonhoeffer­Gymnasium. Wenn sie viel für die Schule machen muss, spielt sie eine halbe Stunde am Tag Bratsche, sonst und in den Ferien eine Stunde. Denn Meike hat musikalisc­h noch viel vor. Als sie jetzt in Hamburg war, sagte Irene Schulte-Hillen, Präsidenti­n der Deutschen Stiftung Musikleben: „Mit der Vergabe eines der Instrument­e aus dem Fonds hat schon so manche Karriere begonnen. Ob Julia Fischer als 13-Jährige oder Albrecht Menzel als 15-Jähriger – heute stehen sie auf den großen Bühnen weltweit, doch hier im Spiegelsaa­l, als glückliche Preisträge­r des Deutschen Musikinstr­umentenfon­ds, haben sie einmal angefangen.“

Wer Meike auf der Viola spielen hören möchte, kann das am Samstag, 18. November, 20 Uhr, beim Sinfonieko­nzert in der Langenfeld­er Stadthalle tun.

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