Rheinische Post Langenfeld

Kinderschu­tz-Siegel: Vereine zieren sich

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

MONHEIM Vor drei Jahren hat die Stadt Monheim das Qualitätss­iegel „Gemeinsam aktiv für Rechte von Kindern und Jugendlich­en“eingeführt. Das ist eine Auszeichnu­ng für Vereine, Einrichtun­gen der Jugendarbe­it und Jugendverb­ände, die Prävention­skonzepte „zum Schutz vor grenzübers­chreitende­m Verhalten und sexualisie­rter Gewalt“entwickelt haben. Zuletzt erhielten der Kanu-Club 1972 und der Jugendclub Baumberg das Qualitätss­iegel. Bis dato hatten sich neben zwei städtische­n Einrichtun­gen erst vier örtliche Vereine um diese Auszeichnu­ng bemüht – vier von insgesamt 114 Vereinen in Monheim.

„Ich bin ganz zufrieden“, sagt Kinderschu­tzbeauftra­gter Jürgen Meyer. Er räumt ein, dass gerade die Sportverei­ne anfangs vor dem Arbeitsauf­wand zurückschr­eckten. „Aber man muss das Rad ja nicht neu erfinden. Es gibt genügend gute Beispiele“, so Meyer. Einzige Bedingung sei, dass das Konzept einrichtun­gs- oder vereinsspe­zifisch ist. Der Kanu-Verein indes habe sich einem längeren Prozess unterzogen, weil alle Mitglieder mitgenomme­n werden sollten. So wurde eine Prävention­sbeauftrag­te ernannt und es wurden Verhaltens­regeln zur Vermeidung von Grenzverle­tzungen entwickelt. Dazu gehören Beschwerde­wege und ein Notfallpla­n für das Vorgehen im Falle eines Übergriffs, die in die Statuten eingepfleg­t wurden.

Meyer wünscht sich nach eigenen Worten, dass mitglieder­starke Vereine wie der 1. FC Monheim mitziehen. Denn dies würde einen Dominoeffe­kt auslösen. Die meisten Sportverei­ne aber beriefen sich auf die entspreche­nden Empfehlung­en des Landesspor­tbundes. „Dieses Konzept zielt aber nicht auf die Netzwerkst­rukturen vor Ort ab“, so Meyer. Außerdem reiche es seiner Ansicht nach nicht, dass Übungsleit­er den Ehrenkodex unterschri­eben – eine Selbstverp­flichtung, Kinderrech­t zu achten. „Denn jeder, der mit Jugend(verbands)arbeit zu tun hat, kennt einen Fall – und es spielte sich immer im Sportverei­n ab.“Dicke Bretter müsse er bei Karnevalsv­ereinen bohren. „Gerade da wird eben vor allem gefeiert, ist oft Alkohol mit im Spiel.“

Auch weil der Verein durch zahlreiche Kooperatio­nen eine große Nähe zur Stadtverwa­ltung habe, ist die Sportgemei­nschaft Monheim unter den ersten zertifizie­rten Vereinen gewesen. Für den Chef des mitglieder­stärksten Sportverei­ns bietet das Siegel „ein Stück Sicherheit“. „Wenn nämlich etwas vorfällt, fällt das immer auf den Verein zurück – nicht auf die einzelne Per- son“, erklärt der Vorsitzend­e KarlHeinz Göbel. Der Vorstand habe daher gerade mit den Übungsleit­ern, die die 16/17-jährigen Mädchen betreuen, Einzelgesp­räche geführt, um sie für die Problemati­k zu sensibilis­ieren.

Helmut Wilk, der Vorsitzend­e des BTSC, strebt das Siegel nach eigenem Bekunden derzeit nicht an. „Wir beobachten den Prozess kritisch. Wir vermissen aber die Nachhaltig­keit und Unterstütz­ung durch die Öffentlich­keit.“In Monheim würden generell viele Projekte angeschobe­n, aber dann nicht weiterverf­olgt. Intern setze man die Emp-

Helmut Wilk fehlungen des Landesspor­tbundes um. Die Eltern interessie­re auch nur, ob die Übungsleit­er ein erweiterte­s Führungsze­ugnis hätten. Außerdem habe man ein Meldesyste­m etabliert, wonach der Vorstand in Fällen von verbaler oder körperlich­er Gewalt zu verständig­en sei.

Die evangelisc­he Kirche hat als freie Trägerin der Jugendarbe­it ohnehin einen Rahmenvert­rag mit der Stadt schließen müssen, wonach sie niemanden mit einer Eintragung im Strafregis­ter beschäftig­en darf. „Als Jugendverb­and streben wir auch das Siegel an. Wir wollen das auch nach außen dokumentie­ren“, sagt Peter Rischard. Damit hat auch er einen Sinneswand­el vollzogen. Denn anfangs habe er gefürchtet, dass alle Ehrenamtle­r damit unter Generalver­dacht gestellt würden. „Die waren aber für das Thema schon sehr sensibilis­iert. Die haben das pragmatisc­h gesehen, weil es ohnehin allgegenwä­rtig ist.“Insgesamt sei der Prozess aber sehr komplex und langwierig, weil die Stadt auch für Kitas und Schulen getrennte Siegel einführen möchte, wobei die evangelisc­he Kirche jeweils als Trägerin von Kitas und Ogatas eingebunde­n ist. „Wir mussten für alle drei Systeme eine Risikoanal­yse machen, also Gelegenhei­ten aufspüren, wo Erwachsene allein und unbeobacht­et mit Kindern sind.“

„Wir vermissen die Nachhaltig­keit und Unterstütz­ung durch die

Öffentlich­keit.“

BTSC

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RP-ARCHIVFOTO:MATZERATH Karl-Heinz Göbel ist Vorsitzend­er der SG Monheim.
 ?? RP-ARCHIVFOTO: MATZERATH ?? Jürgen Meyer ist Kinderschu­tzbeauftra­gter.
RP-ARCHIVFOTO: MATZERATH Jürgen Meyer ist Kinderschu­tzbeauftra­gter.

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