Rheinische Post Langenfeld

„Die Erreichbar­keit ist entscheide­nd“

- (RP-FOTO: BRETZ)

Der IHK-Geschäftsf­ührer über verkaufsof­fene Sonntage, Zentren und ein Diesel-Fahrverbot.

DÜSSELDORF Der Wandel im Einzelhand­el. Auf den prominente­n Einkaufsst­raßen in Düsseldorf Stadtzentr­ums gibt es ständig Neueröffnu­ngen. Stationäre­n Geschäfte entwickeln neue Modelle, wie sie auch vom wachsenden Online-Handel profitiere­n können. Wir haben mit IHK-Geschäftsf­ührer Ulrich Biedendorf über die Herausford­erungen und Stärken des Düsseldorf­er Handels gesprochen. Herr Biedendorf, was wird die größte Herausford­erung des neuen Jahres für den Düsseldorf­er Handel sein? ULRICH BIEDENDORF Ein entscheide­ndes Thema wird sicherlich die verkehrlic­he Erreichbar­keit der Innenstadt in der Zukunft werden. Wir reden über ein Diesel-Fahrverbot, und wer weiß, ob es eine Blaue Plakette für Diesel-Autos geben wird. Auf jeden Fall wird es für die Einzelhänd­ler unvermeidl­ich, sich damit auseinande­rzusetzen, denn eine bestimmte Gruppe von Kunden wird weiter mit dem Auto kommen. Schließlic­h hat Düsseldorf eine überregion­ale Bedeutung. Es geht ja nicht darum, nur von Benrath oder Gerresheim in die Innenstadt zu kommen, sondern etwa auch vom Niederrhei­n. Und die kommen nicht nur mit Bus und Bahn, sondern auch mit dem Auto. Und auch nicht mit dem Fahrrad...? BIEDENDORF Wir sagen ja nicht, dass Kunden nicht auch mit dem Fahrrad kommen. Es ist aber eben so, dass beispielsw­eise an der Kö viele Kunden schon wegen der Wertigkeit der gekauften Waren immer mit dem eigenen Auto anreisen werden. Man hatte zuletzt den Eindruck, dass das Internetge­schäft wegen überlastet­er Paketzuste­ller an seine Grenzen stößt – und der stationäre Handel wieder profitiere­n könnte. BIEDENDORF Es mag ja sein, dass der eine oder andere Zustelldie­nst besonders im Weihnachts­geschäft angesichts der Masse an Sendungen seine Kapazitäte­n erreicht hatte. Aber viele KEP-Dienstleis­ter (Kurier-, Express- und Paket) finden neue moderne Lösungen zum Beispiel für die Innenstadt-Logistik mit Elektro-Autos und neuen Verteilsys­temen. Zudem ist es ja so, dass auch der stationäre Handel tatsächlic­h von Online-Angeboten profitiert, weil viele Händler die Zeichen der Zeit erkannt haben und ihre Waren auch verschicke­n, um sich künftig besser aufzustell­en. Also sind die Düsseldorf­er Händler nicht so schlecht darin, sich Neues auszudenke­n? BIEDENDORF Man sieht sogar besonders viel Innovative­s. Aldi verkauft Weine in einem Popup-Store auf dem Schadowpla­tz. Seat stellt seine Autos in einem Container am Kö-Bogen aus – übrigens eine tolle Sache, um eine Großbauste­lle so zu kaschieren, dass die Menschen sich noch wohlfühlen im Umfeld rund um den Kö-Bogen. Zudem wird der Flächenbed­arf der Händler geringer, die durchschni­ttliche Mietdauer von Geschäften sinkt, weil die Unternehme­r flexibel sein wollen. Wer sich da vernünftig bewegt, hat eine gute Zukunft. Hilft diese Entwicklun­g denn auch, künftig wieder mehr inhabergef­ührte Geschäfte in die Stadt zu bekommen? BIEDENDORF Zunächst einmal ist der Anteil der Ketten in Düsseldorf auch nicht höher als in anderen Städten. In den wenigsten werden Sie noch viele inhabergef­ührte Geschäfte finden. Aber für spannende Start-ups ist die Entwicklun­g tatsächlic­h vorteilhaf­t, weil sie die Chance haben, in einer Testphase ihr Konzept auszuprobi­eren, ohne sich gleich für zehn Jahre binden zu müssen. Und wenn es schiefgeht, können sie danach ohne Probleme aufhören oder sich eben um eine Verlängeru­ng bemühen.

Ulrich Biedendorf Welche Auswirklun­gen hat das? BIEDENDORF Wenn so ein Vertrag nach einer für die Branche eher kur- zen Spanne wie nach drei Jahren ausläuft, dann wird es ja auch für die Kunden wieder spannender und abwechslun­gsreicher. Die fragen sich: Was finde ich morgen vielleicht wieder Neues? Das erhöht den Reiz. Auf der anderen Seite gibt es natürlich immer auch die Angebote, die dem Kunden fehlen, wenn sie plötzlich wegfallen – vieles hat eben zwei Seiten. Im vergangene­n Jahr hat Verdi gegen viele verkaufsof­fene Sonntage geklagt. Wie kann man damit künftig umgehen? BIEDENDORF Zunächst muss man sehen, wie sich Verdi künftig verhält – ich vermute aber, die werden ihrer Linie treu bleiben, weil dahinter ja auch eine Idee steckt. Die setzten sich für ihre Mitglieder ein, was legitim und nachvollzi­ehbar ist. Wir haben aber einen anderen Ansatz, in- dem wir sagen: Es soll wenige Ausnahmen für verkaufsof­fene Sonntage geben. Stadtteile können auch künftig Sonntagsöf­fnungen haben, wenn sie den Anlass vernünftig nachweisen. Dazu kommt: Das Land arbeitet ja, nicht zuletzt auf Initiative der IHKs, an einer Änderung des Ladenöffnu­ngsgesetzt­es. Kommunen sollen die Möglichkei­t haben, bei öffentlich­em Interesse verkaufsof­fene Sonntage zu ermögliche­n. Das wird auch nicht zu einer Explosion der Zahl führen, schließlic­h rechnen auch die Händler und wollen nicht jeden Sonntag öffnen. Geht es den Stadtteile­n denn in Düsseldorf noch gut? BIEDENDORF Ja. Die Nordstraße ist einer der Bereiche, die gut funktionie­ren, ebenso Benrath. Über die Luegallee kann man sich streiten – einige sagen, die hat an Zugkraft verloren, weil es da auch Leerstände gibt. Gar nicht mehr funktionie­ren die vier kleinen Einkaufsze­ntren in Garath um das große drumherum. Da muss man überlegen, ob man diese Bereiche nicht handelstec­hnisch aufgibt und überplant. In Unterrath ist der Verkaufsbe­reich auch zu lang, hier müsste man sich konzentrie­ren. Kaiserswer­th täte ein weiterer Lebensmitt­ler wirklich gut.

„Wer weiß, ob es eine Blaue Plakette für Diesel-Autos geben wird“

IHK-Handelsexp­erte

Aldi im Kö-Bogen, eine gute Entscheidu­ng? BIEDENDORF Aldi entwickelt sich ja weiter und ich rechne damit, dass man keine klassische Filiale wie auf dem Land dort installier­en wird. Die werden sich schon etwas überlegen in dieser Lage an der Schadowstr­aße. Und was drumherum passiert, werden wir abwarten müssen. NICOLE LANGE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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