Abnehmen in Teilzeit
16 Stunden Fasten, 8 Stunden Essen Ein Tag essen (1), einen Tag fasten (0), in 2 Tagen
Sekt, Wein, Bier, Berliner um den Jahreswechsel – und zu Karneval wird am meisten gesündigt. Kaum ist das jecke Treiben vorbei, wollen viele deshalb den angefutterten Pfunden den Kampf ansagen. Entweder um sich auf die Bikini-Saison vorzubereiten oder um die traditionelle Fastenzeit einzuhalten. Tatsächlich gilt Fasten in der Medizin als ein echter Gesundmacher. Immer mehr Experten raten jedoch zu einer sehr speziellen Form des Fastens: dem intermittierenden Fasten.
So kompliziert der Begriff, so einfach das System. Phasen, in denen gegessen werden darf, und Fastenzeiten wechseln sich in einem bestimmten Rhythmus ab. Das kann tage- oder stundenweise erfolgen. Zu niedriger Grundumsatz „Das Problem mit traditionellen Diäten wie Low Carb, Brigitte-Diät oder Paleo ist, dass sich der Körper an sie gewöhnt“, sagt Biophysiker Thomas Finkenstädt. „Das heißt, er merkt, dass er dauerhaft weniger Essen bekommt, und leitet ein Sparprogramm ein.“Das Sparprogramm des Körpers ist ein reduzierter Grundumsatz, jener Kalorienverbrauch also, der nötig ist, um den Körper mit seinen Organen ohne jede Bewegung am Laufen zu halten. Durchschnittlich liegt er bei etwa 1000 Kalorien. Geht der Körper in den Sparmodus, kann der Verbrauch auf 800 oder gar 600 Kalorien schrumpfen. Das zeigen aktuelle Studien an den US-Kandidaten von „The Biggest Loser“. „Um diesen Effekt zu vermeiden, muss man dem Körper ständig neue Reize setzen, und dabei hilft das intermittierende Fasten“, sagt Finkenstädt. So funktioniert das Intervallfasten Wie das in der Praxis aussieht, ist schnell erklärt: Phasen, in denen ge- 6 Tage Essen, ein Tag Fasten 5 Tage Essen, 2 Tage Fasten fastet werden soll, und Phasen, in denen gegessen werden darf, wechseln sich ständig ab. Welcher Rhythmus dabei eingehalten wird, bleibt dem Diätwilligen überlassen. Recht gut in den Alltag integrieren lässt sich Stundenfasten. Innerhalb eines Tages wird dabei eine bestimmte Zeit lang auf Essen verzichtet. Empfohlen wird hier, je nach persönlichem Ziel, 16, 18 oder 20 Stunden nicht zu essen. Die Nachtruhe wird in diese Zeit einbezogen und hilft somit automatisch beim Verzicht. In den Stunden ohne Essen darf nur Wasser oder ungesüßter Tee getrunken werden. Umgedreht gelten für die vier, sechs oder acht verbleibenden Stunden, in denen man zulangen darf, keinerlei Regeln. Andere Methoden sind 5:2-, 6:1- und 10 in 2-Fasten. Dabei darf im Wechsel an ganzen Tagen gegessen oder eben nicht gegessen werden. Die Müllabfuhr der Zelle aktivieren „Um auch hier eine Gewöhnung des Körpers zu verhindern, empfehle ich aber, zwischen den verschiedenen Methoden zu wechseln“, sagt Finkenstädt. Und er gibt noch etwas anderes zu bedenken: „Wer mehr als 14 Stunden am Tag fastet, der sorgt dafür, dass die körpereigene Müllabfuhr angeworfen wird.“Autophagie heißt der Prozess, bei dem Zellen aus Energiemangel beginnen, sich selbst zu verdauen. Was sich zunächst ungesund anhört, ist laut dem Wissenschaftler in Wahrheit ein echter Jungbrunnen: „Damit die Zelle in Fastenzeiten Energie produ- zieren kann, nimmt sie alte oder defekte Bestandteile aus sich selbst und verbrennt sie. Das Resultat: Der Körper beginnt sich selbst zu reinigen – und zwar rundum bis hin zu den Nervenzellen im Gehirn“, sagt Finkenstädt. „Studien an Mäusen legen nahe, dass die Autophagie auch gegen degenerative Prozesse wie Alzheimer oder Zellmutationen wie Krebs wirksam ist.“Besonders ist diese Reaktion deshalb, weil der Körper sich sonst nur dadurch reinigt, dass er die komplette Zelle nach einem bestimmten Zeitraum abwirft. So erneuern sich die Hautzellen des Menschen etwa alle sieben Jahre, die Blutzellen werden etwa alle 100 Tage vollständig ersetzt. „Die Autophagie kann aber jeden Tag ablaufen und sorgt dafür, dass sich die Zelle von überflüssigen oder gar schädlichen Bestandteilen reinigt“, sagt der Biophysiker.
Damit dieser Prozess allerdings angeregt wird, muss mindestens zwölf Stunden am Stück gefastet werden. „Ich empfehle die Zeit zwischen 18 Uhr abends und 10 Uhr morgens dafür zu nehmen. Einen großen Teil davon schlafen wir ohnehin, und 10 Uhr eignet sich auch noch für ein Frühstück“, sagt Finkenstädt. Pfunde purzeln, aber der Körper bekommt keinen Stress zugemutet Aber eignet sich diese Methode auch wirklich zum Abnehmen? „Ja, intermittierendes Fasten ist durchaus ein guter Weg, um Gewicht zu verlieren, weil der Körper so nicht komplett auf den Hungerstoffwech- sel umstellt“, sagt Christine Leicht, Ernährungsberaterin an der Technischen Universität München. „Im Gegensatz zum richtigen Fasten bekommt er ja noch Essen.“Das vermeide Stress, dem der Körper ausgesetzt werde, wenn er keine oder zu wenig Nahrung bekomme.
Ein paar Regeln empfiehlt die Ernährungsberaterin aber doch: „Auch wenn in den Essensstunden eigentlich alles erlaubt ist, sollte man dann nicht Tausende Kalorien in Form von Fast Food essen.“Gesunde Ernährung, die ausreichend komplexe Kohlenhydrate in Form von Vollkornprodukten sowie Proteine zuführe, sei auch dann wichtig für die Gesundheit und natürlich zum Abnehmen. Wer zeitweilig streng fastet, darf dann über die Stränge schlagen Im Gegensatz zu Finkenstädt empfiehlt sie außerdem, das intermittierende Fasten mit einer FormulaDiät zu verbinden. „Das ist besonders dann gut, wenn man sich doch für „5+2“entscheidet. An den zwei Fastentagen sollte man unbedingt nicht auf Nulldiät umstellen, sondern den Körper lieber mit entsprechenden Drinks mit 500 bis 800 Kalorien versorgen.“Das gelte laut Leicht vor allem für Menschen mit starkem Übergewicht, ihnen könnten sonst etwa starke Herz-Kreislaufprobleme drohen.
Finkenstädt dagegen ist überzeugt: Wer mindestens zwölf Stunden am Tag streng fastet, kann in der verbleibenden Zeit durchaus auch mal über die Stränge schlagen. „Studien an Mäusen haben gezeigt, dass jene, die am Tag lange Fastenzeiten durchmachen, eine Ernährung mit Fast Food viel besser wegstecken – und zwar sowohl, was Fettstoffwechselorgane wie Leber und Galle angeht, als auch hinsichtlich der Kilos auf der Waage.“Studien mit Menschen zum Thema Autophagie gibt es bislang jedoch keine.