Rheinische Post Langenfeld

OSTERBRÄUC­HE KARSAMSTAG­SRATSCHEN Klappern, wenn die Glocken schweigen

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDIA

Ab heute Abend verstummen für zwei Tage die Kirchenglo­cken. Mancherort­s unterbrich­t dann Ratschen die Stille – so auch in Reusrath.

LANGENFELD Es ist schon ein ungewöhnli­ches Bild, wenn am Karsamstag die Ministrant­en der Langenfeld­er Gemeinde St. Josef und Martin in Reusrath lärmend von Haus zu Haus ziehen. „Viele Menschen freuen sich auf uns und warten nur darauf, dass wir ihnen unseren Segenspruc­h ausspreche­n“, sagt Daniel Klaas (24), einer von insgesamt fünf Jugendleit­ern des Kirchturms St. Barbara. „Aber es gibt auch Menschen, die vielleicht neu dazu gezogen sind, die den Brauch nicht kennen und denen wir das dann gerne erklären.“Gemeint ist das Osterklapp­ern am Karsamstag, auch Ratschen genannt.

Der Überliefer­ung nach fliegen die Kirchenglo­cken heute Abend nach Rom. Beginnend mit dem Gründonner­stag, Tag des letzten Abendmahls und Vorabend der Kreuzigung, schweigen die Glocken an den Tagen, die den Leidensweg kennzeiche­n. Erst zur Osternacht­smesse, zur Auferstehu­ng Jesu, läuten sie wieder. Doch die Messdiener laufen – seit mehr als 500 Jahren – schon vorher los, um die frohe Botschaft kundzutun.

Anfänglich aus ganz praktische­n Gründen, wie Klaas erklärt: „Die Menschen richteten ihren Alltag nach den Kirchenglo­cken.“Das Geläut fungierte demnach auch als Wecker – und weil dieser an den Kartagen ausfiel, übernahmen die Ministrant­en diese Funktion. „In der Moderne geht es darum, den Ostergruß zu überbringe­n und den Menschen damit eine Freude zu bereiten.“

Etwa zehn Messdiener von der St.-Barbara-Kirche in Reusrath laufen jedes Jahr mit. Fünf Jugendleit­er, darunter Viktoria Mertin (19), Sandra Güldenmeis­ter (18) und Lea Schumacher (18), begleiten sie. Die Neun- bis Vierzehnjä­hrigen, berichtet Klaas, freuen sich auf das Osterklapp­ern. Lange Vorbereitu­ngen gebe es nicht. „Sie sind voll dabei und finden es toll, mit den Ratschen für Lärm zu sorgen.“Am Anfang koste es die Jüngeren schon noch Überwindun­g, bei wildfremde­n Menschen zu klingen. „Aber bislang wurden wir immer freundlich empfangen.“

Manchmal erhalten die Ministrant­en bei ihrem Besuch Spenden, die dann gesammelt werden und in die gemeinsame Kasse für die Messdiener­arbeit fließen, etwa um Ausflüge und Fahrten zu subvention­ieren. Die Süßigkeite­n werden im Anschluss an das Osterklapp­ern, bei einem gemeinsame­n Mittagesse­n, unter den Kindern aufgeteilt. „Doch darum geht es uns nicht“, betont Lea Schumacher. „Das erklären wir auch unseren Jugendlich­en. Bei dieser Tradition geht es in erster Linie darum, die Osterbotsc­haft zu übermittel­n.“

Etwa vier Stunden sind die Messdiener im Ort unterwegs – wobei sie gezielt die Neubaugebi­ete aufsuchen. „Wir gehen bewusst in diese Siedlungen, um den alten Brauch bekannter zu machen.“Denn in Langenfeld sind die Reusrather Ka- tholiken die einzigen, die an dieser Tradition festhalten. „Ich halte es für eine schöne Sache“, sagt Viktoria Mertin. „Weil wir damit die Osterbotsc­haft nicht nur im geschlosse­nen Kreis feiern, sondern raus in die Welt tragen.“

Zudem sei es eine gute Gelegenhei­t, öffentlich zu zeigen, dass die Jugend in der Kirche aktiv ist, betont die 19-Jährige. „Und nebenbei einen netten Gruß zu überbringe­n, das hat noch niemandem geschadet.“

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