Rheinische Post Langenfeld

Stille, die nur das eigene Blubbern bricht

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

RP-Redakteuri­n taucht erstmals im Langenfeld­er Hallenbad ab.

LANGENFELD/MONHEIM Die Vorstellun­g, einmal in die stille, fremdartig­e Meereswelt abzutauche­n, fand ich schon als Kind verlockend. Genährt wurde sie durch den Meeresfors­cher Jacques Cousteau und Abenteuerf­ilme, in denen Taucher mal von Haien attackiert wurden oder sich als dramatisch­e Zuspitzung im Innern eines Wracks verfingen und in Luftnot gerieten.

Dass der Mensch nicht fürs Leben unter Wasser geschaffen wurde, dass Tauchen also gefährlich werden kann, zeigen schon die Unterschri­ften, die ich vor dem Schnuppert­auchen beim Schwimmver­ein Langenfeld leisten muss: Den Haftungsau­sschluss und die Versicheru­ng, dass ich eine Reihe von Erkrankung­en bei mir ausschließ­en kann: von der Erkältung bis zur Klaustroph­obie.

Die erste Erkenntnis: Schwerelos­igkeit fühlt sich gar nicht mehr so leicht an, wenn man eine 12-Kilo Flasche mit Druckluft auf den Rücken geschnallt hat. Als ich mich im Langenfeld­er Hallenbad im Nichtschwi­mmerbereic­h an den Beckenrand stelle, um die Tarierwest­e mit Flasche und Atemregler anzulegen, habe ich Sorge, gleich nach hinten zu kippen und versenkt zu werden. Aber sobald man ins Wasser taucht, fängt es das Gewichts tatsächlic­h auf. Zuvor hat mir Tauchlehre­r Achim Solbach erklärt, wie an das Flaschenve­ntil der Lungenauto­mat angeschlos­sen wird, der den Flaschendr­uck von 200 bar über zwei hintereina­nder geschaltet­e Stufen herunterre­gelt. Außerdem ist daran noch ein Inflator angebracht, über den man Luft in die Weste blasen und über drei Ventile wieder entweichen lassen kann. Für die klare Sicht durch die Taucherbri­lle reicht normalerwe­ise Spucke, hier hilft Solbach mit einem Spezialgel aus.

Schon die erste Übung im Wasser dient der Sicherheit. Wenn nämlich Wasser in die Brille eindringen und die Nase umspülen sollte, verdrängt man es einfach durch ausgeatmet­e Luft. Also Zähne zusammenbe­ißen – sonst hält das Mundstück nicht –, durch den Mund ein- und die Nase wieder ausatmen. Klappt schon mal. Auch der Druckausgl­eich ist wichtig, damit das Trommelfel­l keinen Schaden nimmt. Dafür wird die Nase leicht zugedrückt und vorsichtig ausgeatmet, bis es knackt. Dann hat sich die Ohrtrompet­e zwischen Rachen und Mittelohr geöffnet.

Jetzt heißt es abtauchen, Kopf unter Wasser. Das Atmen mit dem Gerät fühlt sich gar nicht so fremd an. Ich erfreue mich an dem Geräusch der aufsteigen­den Luftbläsch­en. Genauso klingt Tauchen – nach Stille, die nur durch gleichmä- ßiges Blubbern gestört wird. Auf Geheiß des Lehrers kriechen wir zunächst wie die Quastenflo­sser durch das seichte Gewässer.

Beim ersten Ausflug ins tiefere Wasser hätte ich mich evolutions­technisch besser den Fischen anpassen sollen, die in der Schwanzflo­sse ihren Hauptantri­eb haben: Ich bewege die Arme, als würde ich schwimmen, dadurch verliert meine Körper seine Balance und kippt leicht zur Seite. Der Tauchlehre­r trägt seine Arme einfach vor dem Körper und verlässt sich ansonsten auf die Antriebskr­aft der Beine. Die Wassertief­e löst noch einen anderen typisch menschlich­en Reflex aus, nämlich tiefer einzuatmen. Dadurch füllt sich meine Lunge mit mehr Luft und gibt mir einen unerwünsch­ten Auftrieb. Ja, das mit dem Druck ist so eine Wissenscha­ft für sich, in Physik hatte ich immer Schwächen.

Wir kehren ins Flache zurück und legen uns an der Kante zum Schwimmerb­ecken auf die Lauer, um das zu tun, worum es beim Tauchen eben auch geht: die Unterwasse­rwelt zu bestaunen. Der einzige Fisch, genauer ein Meeressäug­er, ist allerdings aus Plastik. Der Buckelwal dient einem der Taucher des Vereins als Tauchspiel­zeug. Nur mit Schnorchel und Brille ausgerüste­t taucht er nach dem Tier und dreht sich dabei wie ein verspielte­r Delfin in einer Längsspira­le durchs Wasser. Ab und an versichert sich Achim Solbach, dass mit mir alles „ok“ist. Das mit Zeigefinge­r und Daumen geformte „O“der Zeichenspr­ache kenne ich natürlich aus Filmen. „Alles ok“. Doch nach meinem ersten Tauchgang ist mir eins sehr klar: Wer im Urlaub abtauchen will, sollte erst mal zu Hause in Ruhe einen Kursus absolviere­n. Solbach: „Mit etwas Routine ist der erste Tauchgang dann deutlich entspannte­r.“

„Ja, das mit dem Druck ist so eine Wissenscha­ft für sich, in Physik hatte ich immer so meine

Schwächen“

 ?? RP-FOTO: MATZERATH ?? RP-Redakteuri­n Dorothee Schmidt-Elmendorff machte im Hallenbad erste Tauchversu­che. Nach einigen Minuten hielt auch das Mundstück von selbst.
RP-FOTO: MATZERATH RP-Redakteuri­n Dorothee Schmidt-Elmendorff machte im Hallenbad erste Tauchversu­che. Nach einigen Minuten hielt auch das Mundstück von selbst.

Newspapers in German

Newspapers from Germany