Rheinische Post Langenfeld

Europa schneller besser machen

- VON MICHAEL BRÖCKER DER VISIONÄR UND DIE ZWEIFLERIN, SEITE A 4 VON EVA QUADBECK

Als Herz Europas wird sie bezeichnet. Als Motor der europäisch­en Integratio­n. Als Kern des historisch­en Zusammensc­hlusses. In den Sonntagsre­den der Politiker wird die deutsch-französisc­he Freundscha­ft beschworen und besungen. Auch gestern wieder beim Zusammentr­effen von Angela Merkel und Emmanuel Macron.

Es ist ja richtig: Ohne die besondere Partnersch­aft der einstigen Feinde wäre eine europäisch­e Integratio­n, wie wir sie heute dankbar erleben dürfen, nie vorstellba­r gewesen. Konrad Adenauer und Charles de Gaulle haben mit persönlich­em Einsatz und den gegenseiti­gen Besuchen 1962 (erst die gemeinsame Messe in der Krönungska­thedrale von Reims, dann die umjubelte Deutschlan­dreise des Generals) den Geist des Élysée-Vertrags geprägt, der 1963 geschlosse­n wurde. Dieser Geist fehlt heute etwas. Paris und Berlin haben es in den vergangene­n Jahren in der Schulden-Krise und in der Migrations­debatte nicht geschafft, die Spaltung der EU in Nord und Süd, Ost und West zu verhindern.

Die Vorschläge von Präsident Macron sind auch deshalb so wichtig, weil sie den Diskurs beleben und Impulse geben. Deutschlan­d muss nun rasch und klar antworten, damit es spätestens bis zur Europawahl im Mai 2019, besser schon zum Jahrestag des Élysée-Vertrags im Januar, konkrete Fortschrit­te gibt.

Diese müssen dort erfolgen, wo eine stärkere Zusammenar­beit Sinn macht. Stichworte: gemeinsame­s Asylsystem, Schutz der Außengrenz­en, Verteidigu­ngsunion, Terrorbekä­mpfung, Harmonisie­rung der Steuersyst­eme, Abbau von Hemmnissen im Binnenmark­t. Was Europa nicht besser macht, ist ein Finanzsyst­em, das die Prinzipien des Stabilität­spakts aushöhlt und Haftung und Verantwort­ung voneinande­r trennt. Solange der Bundestag die Gelder für den Rettungssc­hirm (oder einen neu zu gründenden Europäisch­en Währungsfo­nds) freigibt, müssen dort die Entscheidu­ngen getroffen werden. Wenn Frankreich und Deutschlan­d Europa neu gründen wollen, müssen sie im Alltag der Menschen ansetzen. Europa erlebbarer machen, Vorteile schaffen. Menschen zusammenfü­hren. Staatspoli­tische Theorien helfen dabei nicht. 30.000 Gratis-Interrail-Tickets für junge Erwachsene sind dagegen ein gutes Beispiel für Initiative­n, die das Beste Europas, die Vielfalt der Kulturen in einem friedliche­n Miteinande­r, spürbar machen.

Die deutsch-französisc­he Partnersch­aft braucht eine Auffrischu­ng, wenn deutsche Schüler lieber nach Kanada reisen statt ins Nachbarlan­d. Immer weniger Deutsche lernen Französisc­h, immer weniger französisc­he Jugendlich­e lernen Deutsch. Auch das ist ein Thema, an dem man ansetzen kann. BERICHT

Nur ein Lichtblick

Erstmals seit Ausbruch der Flüchtling­skrise haben sich die EU-Regierunge­n darauf verständig­en können, eine relevante Zahl von Flüchtling­en geordnet auf eine Vielzahl von Ländern zu verteilen. Das ist ein Lichtblick. Die Trendwende hin zu einer gemeinscha­ftlichen, humanitäre­n und gut organisier­ten Flüchtling­spolitik in Europa ist es aber nicht. Zumal sich das Argument als Illusion erweisen dürfte, man könne mit der legalen Aufnahme von Flüchtling­en die illegale Einwanderu­ng stoppen. Da bedarf es anderer Maßnahmen – mehr Grenzschut­z, eine bessere Verfolgung der Schlepper und eine weitreiche­ndere Bekämpfung der Fluchtursa­chen.

Noch steht ein neues Regelwerk aus, wie die EU mit den weiterhin in großer Zahl illegal einreisend­en Flüchtling­en umgeht. Es bedarf dringend einer neuen Vereinbaru­ng, die das alte Dublin-Abkommen ablöst. Solange dies nicht geklärt ist und auch der effiziente Schutz der EU-Außengrenz­en nicht gelingt, wird die EU-Kommission von Deutschlan­d und anderen Zufluchtsl­ändern nicht die Abschaffun­g der Grenzkontr­ollen verlangen können. BERICHT DEUTSCHLAN­D NIMMT RUND 10.000 . . ., TITELSEITE

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