Alexander Giersz und Michaela Noll besuchen sich
Der Verband der Jungen Unternehmer (BJU) organisiert jährlich die bundesweite Aktion „Seitenwechsel“.
LANGENFELD Einerseits klagen Geschäftsleute über ahnungslose Politiker, andererseits bedauern Parlamentarier, dass ihre Arbeit nicht wertgeschätzt wird. Statt solche Vorurteile zu pfle
gen, organi- siert der Verband der Jungen Unternehmer (BJU) jährlich die bundesweite Akti- on „Seitenwech- sel“. Unternehmer werfen dabei in Berlin einen Blick auf den politi- schen Alltag eines Bundestagsmitgliedes, das im Gegenzug bei einem Firmenbesuch Probleme an der Basis mal aus einer anderen Perspektive wahrnimmt. „Ziel ist es, den inhaltlichen Austausch zwischen Politik und Wirtschaft zu intensivieren“, fasst Alexander Giersz vom Langenfelder Start-up-Unternehmen Calcuso GmbH zusammen.
Alexander Giersz und Kilian Kallee sind die Geschäftsführer eines 2012 gegründeten Unternehmens, das mit Online-Bestellung von Schul- und Büromaterial inzwischen rund 500.000 Kunden beliefert. Giersz hatte sich beworben, weil er besser verstehen wollte, wie staatliche Institutionen im Bildungswesen „funktionieren“. Von seiner Kundschaft, Lehrern und Schulleitern, hört er seit Jahren Kritik am Bildungssystem. „Wir wollen nicht nur verkaufen, wir verstehen uns als Dienstleister und können vielleicht sogar Ideen zur Verbesserung einbringen“, so seine Überle- gung. Seine Bewerbung hatte Erfolg, im Mai besuchte er in Berlin einen Tag lang die CDU-Bundestagsabgeordnete Michaela Noll. Nach einem ersten Gespräch begleitete er sie durch den Abgeordneten-Tag. Dabei gewann er neben inhaltlichen Erkenntnissen zum Thema Schule/ Bildung den Eindruck, dass Noll „pausenlos Informationen erfragt, erlangt und gezielt weitergibt, auch unter intensiver Nutzung sozialer Medien“. Er war erstaunt, dass die Tätigkeit sogar körperlich anstrengend ist. „Zweimal ging es in hohem Tempo über kilometerlange Gänge unterirdisch vom Büro in den Plenarsaal, wo Abstimmungen anstanden“. Das gemeinsame Fazit: Ein „Seitenwechsel“hilft. Wer wechselt kommt unter Umständen zu anderen Bewertungen.
Wenige Tage später schaute die Bundespolitikerin hinter die Kulissen von Calcuso an der Hans-Böckler-Straße. Sie begann mit einem Rundgang durch die Firma, wobei sich Noll sowohl von der speziellen Einrichtung (so sind die Schreibtische aus Paletten) als auch vom jungen Team angetan zeigte. „Es ist mutig, wenn junge Menschen den Sprung ins kalte Wasser wagen und ein Unternehmen gründen. Solchen Unternehmergeist brauchen wir in Deutschland.“
„Die Geschäftsführer Giersz und Kallee hatten mittags Noll zu einer offenen Gesprächsrunde eingeladen, in der neben Mitarbeitern auch Lehrer und Calcuso-Kunden zu Wort kamen. Es wurde deutlich, warum die politischen Ziele der Digitalisierung trotz der Fördermittel schwer umsetzbar sind. „Ehe wir uns mit solchen technischen Möglichkeiten beschäftigen, müssen die Schulen baulich in Ordnung gebracht werden“, lautete ein Hinweis aus der Praxis. Giersz selbst haben beide Termine zu neuen Ideen inspiriert. „Vielleicht gelingt es, Angebote zu entwickeln, die verschiedene Fördertöpfe kombinieren.“