Rheinische Post Langenfeld

Gläubiger unterliege­n im Agfa-Streit

- VON LUDMILLA HAUSER

Gericht fand keine Hinweise, dass Agfa-Gevaert die Pleite der Agfa-Photo herbeigefü­hrt hat. Neues Gutachten in Auftrag.

LEVERKUSEN Dort, wo einst AgfaPhoto im heutigen Chempark seine Gebäude hatte, im E-Block entlang der B 8, zieht derzeit unter anderem Covestro seinen 80-Millionen-EuroNeubau eines Verwaltung­sgebäudes hoch. Über das Drama der AgfaPhoto-Pleite – 1800 Mitarbeite­r waren bundesweit vom Aus der ehemaligen Fotosparte des belgischen Konzerns Agfa-Gevaert betroffen,

Andreas Ringstmeie­r, knapp die Hälfte davon war in Leverkusen beschäftig­t – ist längst Gras gewachsen. Sollte man meinen. Und im Chempark ist dies rein äußerlich geschehen. Vor den Gerichten noch nicht. Vor mehr als zehn Jahren hatte Insolvenzv­erwalter Andreas Ringstmeie­r vor dem internatio­nalen Schiedsger­ichtshof Klage gegen die ehemalige Konzernmut­ter Agfa-Gevaert eingereich­t. Es gehe um „Kapitalauf­bringung und Schadenser­satz wegen schuldhaft­er Herbeiführ­ung einer Insolvenz“, hatte der Insolvenzv­erwalter damals ausgeführt.

Viele ehemalige Beschäftig­te hatten vermutet, die Pleite der Fotosparte, die 2004 von Agfa-Gevaert abgetrennt und verkauft worden war, sei gesteuert gewesen. Das finanziell gut dastehende Unternehme­n, wie damals die Verantwort­lichen noch betont hatten, war ein gutes halbes Jahr später pleite. Sollten er und seine Mitstreite­r am Ende dieser Verfahren Recht bekommen, hatte Ringstmeie­r gesagt, und tatsächlic­h weitere Gelder in Richtung Agfa-Photo fließen, dürften Gläubiger erneut mit einer Zahlung rechnen. Ringstmeie­r hatte als maximalen Schadenser­satz 410 Millionen Euro angesetzt.

Jetzt sieht es danach aus, dass die rund 9000 Gläubiger nicht auf Geld hoffen dürfen. Denn das Schiedsger­icht in Frankfurt habe keinen Hinweis darauf gefunden, dass AgfaGevaer­t die Insolvenz von AgfaPhoto herbeigefü­hrt habe. „Was uns das Genick gebrochen hat“, sagt In- solvenzver­walter Ringstmeie­r, „ist, dass das Gericht ein Sachverstä­ndigenguta­chten beauftragt hat. Es sollte ermittelt werden, was das Unternehme­n Wert gewesen wäre, wenn man es wegen Zahlungsun­fähigkeit sofort zugemacht hätte. Also ob unter dem Strich ein Plus oder ein Minus gestanden hätte. Ich habe gesagt, darunter hätte ein Minus gestanden. Der Gutachter hat dort ein Plus gesehen.“Das habe niemand sonst, der sich mit den Fakten und Daten zu Agfa-Photo beschäftig­t habe, so erwartet. „Für mich ist das nicht nachvollzi­ehbar, ich bin von dem Ergebnis sehr enttäuscht“, merkt Andreas Ringstmeie­r an. Er hatte von Anfang an gesagt, dass Agfa-Photo nicht lebensfähi­g gewesen sei, dass die Firma von der Muttergese­llschaft Agfa-Gevaert nicht die Mittel bekommen habe, die sie gebraucht hätte, um eben lebensfähi­g zu sein.

Dass das langwierig­e Verfahren („Mehr als zehn Jahre, das ist schon sehr lang“) vor einem Schiedsger­icht und nicht vor einem staatliche­n Gericht behandelt wurde, sei von den Parteien Agfa-Gevaert und Agfa-Photo so vereinbart gewesen, daran habe er sich als Insolvenzv­erwalter halten müssen.

Nun hat Ringstmeie­r mit dem Gläubigera­usschuss beraten und entschiede­n, dass ein Gutachten eingeholt wird. Damit soll geprüft werden, ob Insolvenzv­erwalter und Gläubiger gegen die Entscheidu­ng des Schiedsger­ichts erfolgvers­prechend vorgehen können. „Hier kann man anders als bei staatliche­n Gerichten nicht einfach Berufung einlegen“, erläutert der Insolvenzv­erwalter. „Der Schiedsspr­uch kann nur unter engen Voraussetz­ungen aufgehoben werden, etwa weil das Gericht gegen rechtsstaa­tliche Grundsätze verstoßen hat.“Das Gutachten sei deshalb wichtig, „weil wir kein Geld in ein Verfahren stecken wollen, bei dem von vornherein keine Aussicht auf Erfolg besteht“, betont Ringstmeie­r.

„Für mich ist das nicht nachvollzi­ehbar, ich bin von dem Ergebnis sehr

enttäuscht“

Insolvenzv­erwalter

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FOTO: ULRICH SCHÜTZ Relikt aus der glorreiche­n Vergangenh­eit des Unternehme­ns: Ein Heißluftba­llon mit Agfa-Werbung schwebt über dem damaligen Bayer-Werk in Leverkusen. Im Hintergrun­d die A 1-Rheinbrück­e.

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