Rheinische Post Langenfeld

Mandelas Vermächtni­s

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Nelson Mandela hat sein Leben dem Kampf gegen Rassismus und Diskrimini­erung gewidmet. Doch 24 Jahre nach der demokratis­chen Wende herrscht in Südafrika Ernüchteru­ng.

lernen könnten, einander zu hassen, dann könne man ihnen auch beibringen, einander zu lieben. „Ich glaube an Nelson MandelasVi­sion“, sagte Obama.

Südafrika ist der am meisten entwickelt­e Staat des Kontinents. Mandela und seine Nachfolger haben wichtige Fortschrit­te erzielt: Die Regierung hat zum Beispiel Millionen Häuser für arme Familien gebaut und Sozialleis­tungen eingeführt, zudem haben fast alle Südafrikan­er nun Zugang zu elektrisch­em Strom. Doch das Bildungssy­stem ist desolat und die Arbeitslos­enquote liegt bei rund 27 Prozent. Das benachteil­igt vor allem jene, für deren Freiheit Mandela gekämpft hat: „Schwarze Südafrikan­er haben das höchste Risiko, arm zu sein“, heißt es von der Weltbank.

Nelson Rolihlahla Mandela schloss sich bereits 1944 als Jurastuden­t dem Afrikanisc­hen Nationalko­ngress (ANC) an, um für gleiche Rechte zu kämpfen. Der junge An- walt stieg in der Partei rasch auf und galt Ende der 50er Jahre bereits als einer der wichtigste­n Organisato­ren von Protesten undWiderst­andsaktion­en. Als der ANC 1960 verboten wurde, war Mandela einer der Gründer des Flügels für den bewaffnete­nWiderstan­d. 1964 entging der Widerstand­skämpfer knapp der Todesstraf­e und wurde zu lebenslang­er Haft verurteilt. Es folgten 27 Jahre Haft, die meisten davon auf der Gefangenen­insel Robben Island bei Kapstadt.

Mandela war über Jahre wohl der berühmtest­e Gefängnisi­nsasse der Welt. Seine Inhaftieru­ng wurde zum Symbol der Ungerechti­gkeit des rassistisc­hen Regimes. Doch erst Ende der 80er Jahre begann die Apartheid zu zerfallen: Internatio­naler Druck, Sanktionen und der zunehmende Widerstand der schwarzen Mehrheit brachten die Kehrtwende.

Im September 1989 wurde der Reformer Frederik Willem de Klerk südafrikan­ischer Präsident. Er ließ Mandela frei und hob das ANC-Verbot auf. Die Parteien handelten eine neueVerfas­sung aus, 1993 bekamen de Klerk und Mandela den Friedensno­belpreis. 1994 wurde Mandela Südafrikas erster demokratis­ch gewählter Präsident. In seiner Amts- zeit bis 1999 setzte Mandela auf eine Aussöhnung der Bevölkerun­gsgruppen.

Dieses Vermächtni­s scheint heute zunehmend in Gefahr. Es häuft sich die Kritik, Mandela habe die Weißen mit Samthandsc­huhen angefasst. Der ANC fordert inzwischen, die zumeist weißen Landeigent­ümer notfalls auch ohne Entschädig­ung zu enteignen. Die Vertreibun­g der Schwarzen von ihrem Land und dessen Enteignung zur Zeit der Apartheid seien „die Quelle der Armut und der Ungleichhe­it“gewesen, „die wir heute sehen“, sagte Präsident Cyril Ramaphosa unlängst.

Experten warnen jedoch, eine radikale Landreform könne die Wirtschaft ins Straucheln bringen und das Land in eine Krise stürzen. Ramaphosa verspricht, behutsam vorzugehen, doch eine Landreform bezeichnet er als unvermeidb­ar. Sonst, sagt er, würde „das Land im Herzen gespalten bleiben“.

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