Keitel lehnt Aufsichtsratsvorsitz ab
Der frühere BDI-Präsident winkt für den Posten bei Thyssenkrupp ab. Zugleich teilt Großaktionär Elliott gegen den scheidenden Chefkontrolleur Ulrich Lehner aus.
ESSEN Die Suche nach einem Nachfolger für den Thyssenkrupp-Aufsichtsrats-Chef Ulrich Lehner gestaltet sich schwieriger als gedacht. Wie es in Gewerkschaftskreisen hieß, soll der frühere Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie, Hans-Peter Keitel, erklärt haben, er stünde nicht zur Verfügung. Wenn bis zu Lehners Ausscheiden Ende Juli kein geeigneter Kandidat gefunden wird, übernimmt der stellvertretendeVorsitzende und IG Metaller Markus Grolms das Amt.
Unterdessen hat der Finanzinvestor Elliott einen Brandbrief an den Aufsichtsrat geschrieben. Der US-Hedgefonds, der seit Mai drei Prozent an Thyssenkrupp hält, beschwert sich darin über Lehner. Der hatte in einem Interview mit der „Zeit“gesagt: „Einzelne aktivistische Investoren sind dafür bekannt, dass jene Manager, die sie loswerden wollten, später in psychiatrische Behandlung mussten.“Den Namen Elliott nannte er dabei nicht, sagte aber, einige Aktionäre hätten Wege beschritten, „die teilweise schon als Psychoterror bezeichnet werden könnten“. Auf die Frage, was er damit meine, sagte er: „Unwahrheiten in der Öffentlichkeit zu platzieren, unberechtigte Rücktrittsforderungen bis hin zum Belästigen von Nachbarn und Familienmitgliedern.“
In dem Schreiben des US-Investmentfonds vom Donnerstag heißt es, „jeder vernünftige Leser kommt zu dem Schluss, dass er Elliott eines solchen Verhaltens bezichtigt“. Lehner habe keine Beweise für seine Anschuldigungen weshalb man davon ausgehe, dass er die Anschuldigungen böswillig oder zumindest rücksichtslos gemacht habe. Elliott fordert eine Distanzierung des Aufsichtsrats von Lehners „diffamierenden Äußerungen“. Zudem deutet der Fonds noch rechtliche Schritte an: „Soweit das Unternehmen dazu in der Lage ist, sollten Maßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen, dass Professor Lehner diese Unwahrheiten öffentlich zurücknimmt und nicht wiederholt.“Ein Thyssenkrupp-Sprecher wollte sich nicht dazu äußern, ob der Konzern diesem Wunsch nachkommt.
Unterdessen versucht Interimschef Guido Kerkhoff, die Belegschaft des Traditionskonzerns zu beruhigen. In einem Brief an die 150.000 Mitarbeiter bekräftigte er erneut die Strategie, die bereits sein Anfang Juli zurückgetretener Vorgänger Heinrich Hiesinger verfolgt hatte: Der Thyssenkrupp-Vorstand habe „vom Aufsichtsrat das klare Mandat bekommen, unseren bisherigen Weg bis auf weiteres fortzusetzen – mit allen Geschäften“. Damit unterstreicht Kerkhoff einmal mehr den Willen, Thyssenkrupp als Mischkonzern zu erhalten. Investoren wie Ce- vian aus Schweden, aber auch Elliott haben dagegen in derVergangenheit keinen Zweifel daran gelassen, dass sie die lukrativen Sparten des Konzerns (wie Elevators) lieber verkauft sehen wollen.
Zugleich bereitete Kerkhoff die Belegschaft auf harte Einschnitte vor. Bei den Sparmaßnahmen im Aufzuggeschäft müssten die Beteiligten „einen Zahn zulegen“, schrieb er. Den Industrie-Anlagenbau bezeichnete er gar als Sorgenkind und kündigte eine stärkere Konzentration auf kleinere und mittelgroße Aufträge an. Auch auf das Thyssenkrupp-Quartier in Essen kommt einiges zu:„Die Konzernzentrale wird sich verändern müssen“, schreibt Kerkhoff. Die Ausgliederung an den Stahlbereich habe zur Folge, dass einige Tätigkeiten an den Stahl abgegeben werden müssten.„Gleichzeitig arbeiten wir daran, effizienter zu werden. Unsere Verwaltungskosten sind einfach zu hoch.“