Rheinische Post Langenfeld

LANDWIRTSC­HAFT

- VON MAXIMILIAN PLÜCK UND EVA QUADBECK

Milliarden­schaden: Dürre trifft dänische Bauern

BERLIN Ein Notstand nationalen Ausmaßes, Ernteeinbu­ßen im Milliarden­bereich, hohe Belastunge­n für die Versicheru­ngen – der Dürre-Sommer 2018 ist in die Geschichts­bücher eingegange­n. Nun springt der Staat den Landwirten zur Seite. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen.

Welche Landwirte können auf Nothilfen des Staates hoffen?

Von den 340 Millionen Euro werden nur Bauern profitiere­n, deren Existenz durch die Dürre dieses Sommers bedroht ist. Nach Einschätzu­ng der Länder sind das bundesweit etwa 10.000 Höfe. Das heißt: Jeder 25. Betrieb wirtschaft­et aktuell im existenzie­ll kritischen Bereich. Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner erklärte, es gehe nach „Betroffenh­eit und Bedürftigk­eit“. Die Länder sollten die Betriebe identifizi­eren, die nach dem Kriterium der Existenzno­t durch die Dürre der Nothilfe bedürften. Viehbauern sollen besonders schnell Finanzmitt­el erhalten können, da vielerorts das Futtermitt­el knapp ist. Einige Betriebe haben sogar schon begonnen, ihre Viehbestän­de zu reduzieren. Die Bauern sollen auch schon Zahlungen erhalten können, bevor die Bund-Länder-Vereinbaru­ngen dazu fertig sind.

Werden die Nothilfen des Bundes eine Ausnahme bleiben?

Zuletzt hatte der Bund in dem ebenfalls sehr heißen Sommer 2003 den Landwirten Nothilfen gezahlt. In diesem Jahr ist die Lage für die Bauern noch kritischer. Es habe die bisher höchste Temperatur­anomalie seit Beginn der Wetteraufz­eichnung 1881 gegeben, betonte Klöckner. Da mit weiteren Wetterextr­emen zu rechnen ist, werden sich die Landwirte wohl auf immer wiederkehr­ende Schäden einstellen müssen. Zurzeit ist ein Modell in der Diskussion, wonach die Landwirte aus ihren Gewinnen steuerfrei Rücklagen bilden können und diese dann bei Schäden von Wetterextr­emen einsetzen könnten.

Welche Regionen in Deutschlan­d sind von den Ernteausfä­llen besonders betroffen? Am heftigsten hat die Dürre den Norden und den Osten erwischt. Schleswig-Holstein verzeichne­t Ernteeinbu­ßen von 31 Prozent. Unter einem Rückgang von 27 Prozent leiden die Brandenbur­ger Bauern. Es folgen Sachsen-Anhalt mit 26 Prozent und Mecklenbur­g-Vorpommern mit 25 Prozent. Deutschlan­dweit gibt es einen Rückgang von knapp 16 Prozent. Wenige Verluste beklagen Rheinland-Pfalz und das Saarland, die sich auch nicht an dem Nothilfe-Programm beteiligen wollen. Bislang sind noch nicht alle Erntedaten bekannt. Die Entscheidu­ng Klöckners, von einemWitte­rungsereig­nis„national Ausmaßes“zu sprechen, beruht insbesonde­re auf den Erträgen von Getreide und Winterraps.

Wie ist die Lage in NRW?

Nach vorsichtig­en Schätzunge­n des Rheinische­n Landwirtsc­hafts-Verbands (RLV) könnten in NRW weit mehr als 500 Betriebe nun auf Hilfe hoffen. Im Rheinland klagt der RLV insbesonde­re über Ernteausfä­lle bei Mais, Grünland und Kartoffeln. Die Zahl der Höfe könnte aber noch steigen, sollte die Dürre im September anhalten.

Welchen Beitrag wird das Land NRW beisteuern?

NRW-Agrarminis­terin Ursula Heinen-Esser erklärte, die Quote, mit der sich das Land an dem Programm beteilige, werde in den kommenden Wochen in einer Bund-Länder-Vereinbaru­ng festgeschr­ieben. Dort müsse auch die Bedürftigk­eitsprüfun­g geregelt werden. Werden die Nothilfen von Bund und Ländern die Sorgen der Bauern auflösen?

Nein. Denn es erhalten ja nur die existenzie­ll bedrohten Landwirte Mittel. Zudem haben Bund und Länder einerseits sowie der Bauernverb­and anderersei­ts unterschie­dliche Rechnungen über die Verluste. Während es nach den Daten der Agrarminis­terien der Länder bei der Getreideer­nte einen Rückgang von knapp 16 Prozent gab, errechnete der Bauernverb­and ein Minus von ungefähr 26 Prozent. Die Bauern hatten ursprüngli­ch Hilfe von einer Milliarde Euro gefordert. Der RLV fordert deshalb langfristi­ge Lösungen,„um auch in Zukunft besser für Extremwett­erereignis­se gewappnet zu sein“.

Was wollen die Verbände?

Die rheinische­n Bauern fordern neben einem besserenVe­rsicherung­sschutz – wie es ihn etwa in den Niederland­en gebe – auch höhere Forschungs­gelder. Das Geld soll in die Erforschun­g für wetterresi­stentere Sorten, neue Anbaumetho­den und einen verbessert­en Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n fließen. KOPENHAGEN (rtr) In Dänemark trifft die Dürre Landwirte stärker als bisher erwartet und dürfte dem Branchenve­rband zufolge immer mehr Firmenplei­ten auslösen. Die Verluste im Agrarsekto­r könnten sich auf umgerechne­t rund 1,1 Milliarden Euro summieren und damit so hoch ausfallen wie seit der Finanzkris­e 2008 nicht mehr, teilte das Forschungs­institut Seges des dänischen Landwirtsc­haftsund Lebensmitt­elrats mit. Etwa drei Viertel davon gingen allein auf die Trockenhei­t zurück. Zudem leiden die Bauern vor allem darunter, dass die Preise für Schweinefl­eisch auf den niedrigste­n Stand seit 2007 gefallen sind.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Landwirt pflügt ein staubtrock­enes Feld.
FOTO: DPA Ein Landwirt pflügt ein staubtrock­enes Feld.

Newspapers in German

Newspapers from Germany