Streitpunkt Urheberrecht
Die EU will die Rechte von Urhebern gegenüber digitalen Plattformen im Netz stärken. Kritiker befürchten eine Zensur.
BRÜSSEL Die Pläne für eine EU-weite Copyright-Reform mobilisieren die Kritiker. Im Wesentlichen geht es darum, die Rechte von Zeitungsverlagen und anderen Urhebern gegenüber digitalen Plattformen zu stärken. Doch Gegner behaupten, Brüssel plane eine Zensur im Netz. Am heutigen Mittwoch legt das Europa-Parlaments seine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten fest.
Wer soll für die Nutzung zahlen?
Digitale Plattformen und Suchmaschinenbetreiber sollen zahlen, wenn sie Artikel oder Auszüge aus Zeitungsartikeln auf ihre Seiten stellen. Es geht um Unternehmen, deren Geschäftsmodell es ist, über ihre Seiten Zugang zu Zeitungsartikeln Dritter oder Auszüge daraus zu gewähren und über das Schalten von Werbung auf ihren Seiten Einnahmen zu erzielen. Die Pläne der Kommission und des Verhandlungsführers zum Thema, Axel Voss (CDU), sehen vor, dass sich die Betreiber der Suchmaschinen vor der Nutzung der journalistischen Inhalte die Genehmigung dafür einholen und für das Nutzungsrecht bezahlen müssen. Es geht um die Stärkung des Rechts am geistigen Eigentum.
Wie soll das praktisch aussehen?
Für eine Dauer von 20 Jahren nach der Erstveröffentlichung eines Artikels soll das Verwertungsrecht bei Verlegern und Autoren liegen. So sollen sich die Verlage zusammen schließen, um gemeinsam mit Google und anderen Suchmaschinenbetreibern über eine angemessene Nutzungsgebühr zu verhandeln. Auch die Autoren sollen an den Erlösen beteiligt werden.
Was wollen die Kritiker?
Die Piraten-Politikerin Julia Reda spricht ungeachtet aller Richtigstellungen bis heute von einer drohenden Verlinkungssteuer. Sie setzt statt einem umfassenden Urheberschutz darauf, Verlagen dabei zu helfen, schneller Lizenzen mit Suchmaschinen abzuschließen.
Warum soll die Rechtsposition der Verlage im Netz gestärkt werden?
Die EU-Kommission und Voss sehen die freie Presse in Europa durch die digitalen Umwälzungen und die Geschäftsmodelle von Suchmaschinenbetreibern existenziell bedroht. Auf eine gedruckte Zeitung, die verkauft wird, kommen mittlerweile 200 Nutzer im Netz. Die Hälfte der Zugriffe auf die Artikel von Zeitungen im Netz erfolgen nicht über die Internet-Seite der Verlage, sondern direkt auf den Seiten der Plattformen. Die zunehmende Macht von Google, Facebook und Twitter gegenüber Verlagen und Nachrichtenagenturen habe schon zu einem beängstigenden Verlust der Medienvielfalt in der EU geführt.
Droht Zensur im Internet?
Immer wieder heißt es, Brüssel plane eine Zensur-Maschine im Netz. Die Kritiker argumentieren: Sogenannte Upload-Filter könnten dafür sorgen, dass beliebten Diensten im Netz die Arbeitsgrundlage genommen werde, etwa Wikipedia, Dating- oder Softwartetauschportalen. Davon will Voss nichts wissen. „ Wir wollen einige Spieler im Netz, die fortgesetzt geistigen Diebstahl begehen, dazu zwingen, vor der Nutzung die Urheber zu fragen.“
Wie geht es weiter?
Sollte das Parlament die Verhandlungslinie von Voss bestätigen, beginnen umgehend die Verhandlungen mit dem Co-Gesetzgeber, den Fachministern der EU-Mitgliedstaaten. Auch in diesem Gremium sind die Lager verfeindet, Kompromisse gelten als schwierig. Ein Kompromiss muss bis zu den Europawahlen im Mai 2019 beschlossen sein. Andernfalls müsste in der nächsten Wahlperiode ein neuer Anlauf unternommen werden. Wenn es gelingt, einen Kompromiss zu schmieden, soll die Richtlinie nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten gelten. In dieser Zeit müssen die Mitgliedstaaten die EU-Gesetzgebung in nationales Recht umsetzen.