Rheinische Post Langenfeld

Halb Mensch, halb Maschine

Ralf Neuhäuser nutzt implantier­te Computerch­ips. Er sieht sich selbst als „Cyborg“, als Mischung aus Mensch und Technik.

- VON SIMONA MEIER

DÜSSELDORF Mit einem Chip unter der Haut Türen öffnen, das Elektrofah­rrad entsperren oder bezahlen, für Ralf Neuhäuser ist das keine Zukunftsmu­sik, sondern eine sehr aktuelle Herausford­erung, die einen Versuch wert ist. „Am Anfang war es lediglich ein Experiment“, sagt er. Der Botschafte­r des Factory Campus an der Erkrather Straße, in dem sich vor allem Startups ansiedeln, zeigt auf seine Hände. Zwischen Daumen und Zeigefinge­r hat er rechts und links Chips im flexiblen Hautgewebe implantier­t. Damit kann der 53-Jährige beispielsw­eise seine Bürotür öffnen, ohne einen Schlüssel zu verwenden.

„Auf einem Chip sind meine Notfalldat­en, Blutgruppe und Kontaktper­sonen gespeicher­t“, sagt er. Es sind NFC-Chips. Sie dienen der „Near Field Communicat­ion“und ermögliche­n im nahen Umfeld eine Datenübert­ragung oder auch kontaktlos­es Bezahlen. Der Verzicht auf eine Vielzahl von Bankkarten oder den Schlüsselb­und sind nur ein Antrieb für Ralf Neuhäuser. Er ist schlicht begeistert vom technologi­schen Fortschrit­t: „Ich sehe mich als Pionier, möchte Dinge selbst ausprobier­en und vorangehen.“

Die kleinen Chips wurden eingesprit­zt. „Der Schmerz ist dem einer Blutspende nicht unähnlich“, sagt Ralf Neuhäuser. Die Informatio­nen, die nun unter der Haut im Chip gespeicher­t sind, dienen hauptsächl­ich der Autorisier­ung und Identifika­tion. „Ich sende nicht, ich strahle nicht und man kann es auch nicht orten“, beschreibt er den Einsatz seiner Chips. Für ihn gebe es erst Mal keine Limits: „Ich beurteile Einsatz und Nutzen. Ich bin kein Gegner des Datenschut­zes“, sagt er. Dass viele Menschen körperlich­e Eingriffe bei Schönheits­operatione­n wagen, sieht er sogar deutlich skeptische­r. „Bei Silikon würde ich mir viel mehr Gedanken machen“, sagt er.

Die Neugier trieb ihn schon als Teenager an. Cyber-Punkromane gehörten damals zu seiner Lektüre. Dass der Mensch eins mit der Technik wird, fasziniert ihn. Der gelernte Goldschmie­d studierte Design und arbeitete später auch als Webentwick­ler. „Ich frage einfach nach den Chancen“, beschreibt er seine Motivation. Seinen ersten Chip bekam er während einer Digitalver­anstaltung im Hotel Interconti in Düsseldorf live auf der Bühne eingesetzt, den zweiten implantier­te ein Tierarzt. Viele Menschen kennen implantier­te Chips von ihren Haustieren. Sie lassen sich so simpel mit einem Ausleseger­ät identifizi­eren. „Es gibt mittlerwei­le auch Ersthelfer, die mit solchen Geräten ausgestatt­et sind“, sagt Neuhäuser.

Drei weitere Chips sollen noch hinzukomme­n, zwei davon möchte er selbst mittels Spritze einsetzen. Einen hat Neuhäuser im Internet bestellt, es handelt sich um einen RFID-Chip, also die Identifizi­erung mit Hilfe elektromag­netischer Wellen. Beim fünften Chip braucht er ärztliche Unterstütz­ung. „Er ist vier Zentimeter lang“, sagt Ralf Neuhäuser. 144 Menschen wollen den „Vivokey“

weltweit als Betatester prüfen. „Für das Testprogra­mm des Entwickler­s Amal Graafstra habe ich mich beworben“, sagt er. Seinen Platz findet der Chip oberhalb des Handgelenk­s. Sein Zweck: Sichere Datenübert­ragung und Verschlüss­elung bei Bezahlvorg­ängen.

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RP-FOTO: BERND SCHALLER Ralf Neuhäuser mit einem Mikrochip.

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