Die Bühne ähnelt dem Lehrerpult
Comedian und Ex-Pauker Schröder über sein Leben am Korrekturrand der Gesellschaft.
KREIS METTMANN Nach zwölf Jahren Schuldienst zog Johannes Schröder den Schlussstrich. Momentan tourt der studierte Deutschlehrer mit seinem ersten Comedy-Programm „World of Lehrkraft“durch Deutschland. Am Freitag, 28. September, 20 Uhr, gastiert er im Ratinger Stadttheater (Karten: 19,60 Euro; Reservierung Tel. 02102 5504104.
Warum haben Sie lange Ferien gegen die Tournee eingetauscht?
Schröder Ich habe mir eine Auszeit genommen, um zu schauen, was sich hinter den blauen Bergen der Korrekturstapel befindet. Ich wollte meinen im Stillen gehegten Traum, ein eigenes Comedy-Programm zu schreiben und auf die Bühne zu bringen, in die Realität umsetzen.
Haben Sie Ihren Job gerne gemacht?
Schröder Ja, Ich war gerne Lehrer. Ich habe mit Schülern immer eine gute Zeit gehabt. Da war jeden Vormittag alles dabei: Wir haben viel gelacht, gearbeitet, diskutiert, es gab viele Auseinandersetzungen und immer Überraschungen, keine Frage - aber im Klassenzimmer war ich sehr zufrieden mit dem Beruf. Schwierig waren für mich die Konferenzen, das Korrigieren zu Hause und die vielen Bildungsreformen, wie zum Beispiel die Einführung des achtjährigen Gymnasiums.
Wie stellen Sie sich eigentlich einen typischen Lehrer vor?
Schröder Den kann man fast nicht beschreiben. Da ist natürlich der Sportlehrer: jung, motiviert, gutaussehend, beliebt im Kollegium und bei den Schülern, kurz gesagt: ein Riesenarschloch. Ich sag’ immer liebevoll „die bildungsferne Spaßgurke aus der Turnhalle“. Oder der Deutschlehrer: das Cordjacket-Opfer, der Beamte mit Frustrationshintergrund, der ein Dasein fristet am Korrekturrand der Gesellschaft und sich nichts mehr ersehnt als dem Rotstiftmilieu zu entrinnen. Dann sind da noch die engagierten Jung-Lehrerinnen: Laminier-Lara, Gruppenpuzzle-Beate, Folien-Frauke ….
Und wie stellen Sie sich den Durchschnittsschüler von heute vor?
Schröder Da sind natürlich einmal die „scheckheft-gepflegten“Kinder, wie die drei hochbegabten Geschwister Caspar, David, Friedrich: Zauberwürfelrekordhalter und Brustbeutel mit Plastiksichtfenster. Diese Schüler korrigieren nach der Stunde mein fehlerhaftes Tafelbild. Dann gibt es noch die unkonzentrierten und hibbeligen Schüler, von denen die Eltern behaupten, sie hätten ADAC. Wieder andere Schüler verhalten sich komplett schuldistanziert und kennen das Innere des Klassenzimmers nur noch aus Erzählungen. Und nicht zu vergessen sind die aufmüpfigen und frechen Schüler, die die neue Schulleiterin gefragt haben, ob das Wort „Rektorin“tatsächlich von „rektal“käme.
Was macht für Sie einen guten Lehrer aus?
Schröder Ein weites Feld. Ein guter Lehrer ist vor allem interessiert an seinen Schülern und nimmt sie ernst. Er hat einen zugewandten Blick auf die Individualität eines jeden Schülers und be- bzw. verurteilt sie nicht. Ein engagierter Lehrer ist nicht konfliktscheu, da Heranwachsende Konflikte brauchen, um sich in der Welt zurecht zu finden und um sich ernst genommen zu fühlen. Der Lehrer muss klare Ansagen machen, die auch morgen noch gelten, und sollte dennoch immer in der Lage sein, sich selbst zu hinterfragen. Darüber hinaus ist es toll, wenn er für sein Fach glüht und die Entwicklung der Jugend im Blick behält: Ein Deutschlehrer sollte Faust zitieren und dennoch über „I bims“schmunzeln können.
Worin besteht der Unterschied? Vor einer Klasse zu unterrichten oder ein Publikum bei Laune zu halten?
Schröder Vieles ist ähnlich. Aber anders. Als Lehrer muss man auf der Bühne tatsächlich vorbereitet sein. Film gucken geht nicht, Kopiervorlage oder Gruppenpuzzle gehen auch nicht. Gegessen und getrunken wird auch während meines Programms. Zuspät-Kommer, Handy klingeln: alles sehr ähnlich. Ansonsten freue ich mich über zahlreiche freiwillige Zuhörer.